Was liest du gerade?

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Wer ist nun besser: Kehlmann oder Kafka? Und was macht ein wirklich gutes Buch mit seinen Lesern und Leserinnen? Zweimal im Monat streiten und schwärmen wir über Bücher. Wir suchen aus der Fülle der Neuerscheinungen die interessantesten Bücher aus – mit Vorliebe solche, die uns selbst auf neue Gedanken gebracht haben. Es geht um neu erschienene Romane und Sachbücher und literarische Klassiker, die überraschende Schlaglichter auf die Gegenwart werfen. Im Wechsel sprechen aus den ZEIT-Redaktionen Adam Soboczynski und Iris Radisch über Belletristik sowie Maja Beckers und Alexander Cammann über Sachbücher. Falls Sie uns nicht nur hören, sondern auch lesen möchten, testen Sie jetzt 4 Wochen kostenlos Die ZEIT: www.zeit.de/podcast-abo

  • 50 minutes 32 seconds
    Kampf und Glamour

    In der neuen Folge unseres Buchpodcasts Was liest du gerade? lassen Iris Radisch und Adam Soboczynski sich von der deutsch-indischen Autorin Mithu Sanyal auf eine Zeitreise ins London um 1906 mitnehmen. In ihrem neuen Roman Antchristie begegnen wir den Helden der indischen Befreiungsbewegung und erleben die Debatten mit Mahatma Gandhi. Sollen sich die Inder vom Joch des britischen Kolonialismus mit oder ohne Gewalt befreien? Und was ist anders, wenn man die Weltgeschichte konsequent aus indischer Perspektive betrachtet? Eine wichtige Frage ist auch: Schafft es Mithu Sanyal, ihren schon aus Identitti bekannten Sinn für scharfen Witz und Humor in die wortreichen Auseinandersetzungen über den britischen Kolonialismus hineinzuschmuggeln? 

    David Wagners Roman Verkin fußt auf einer wahren Begebenheit: Er handelt von der Lebensgeschichte einer türkischen Armenierin und dem Schicksal ihrer Familie, die dem Völkermord 1915/16 ausgesetzt war. Verkins Vater gelingt es, als Unternehmer in der türkischen Gesellschaft aufzusteigen, auch mit fragwürdigen Mitteln. Die Tochter, heute Ende siebzig, führt ein illustres Jetset-Leben, das sie immer wieder in die höchsten Kreise und die Popkultur führt. Wagner besucht seine Protagonistin immer wieder in Istanbul. Und ist auch mit einer dunklen Seite Verkins konfrontiert: Wie passt es, dass sie sich für Erdoğans AKP engagiert?

    Unser Klassiker ist diesmal eine sensationelle Neuentdeckung: Völlig überraschend sind fünf neue und bedeutende Briefe von Heinrich von Kleist (1777–1811) aufgefunden worden. Wir können ihn erstmals als unmittelbaren Beobachter einer Schlacht erleben – und als einen Agenten in Aktion mit einer politischen Mission. Kleist gehörte einem Kreis von Napoleon-Gegnern an, die sich konspirativ einem Befreiungsprojekt verschrieben haben: Die Deutschen sollten sich vereinen und Napoleon in einem nationalen Volksaufstand niederringen. Als das Vorhaben scheitert, ist Kleist am Boden zerstört. Die Briefe zeigen, wie sich der große Dichter des Zerbrochenen Krugs und der Marquise von O… auch politisch ins Abseits manövrierte.     
     

    Unser Zitat des Monats kommt aus Parade, dem neuen Buch der kanadisch-britischen Autorin Rachel Cusk, in dem es um die nur schwer zu erreichende Vereinbarkeit von Mutterschaft und weiblichem Künstlertum geht.

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    21 September 2024, 3:55 am
  • 45 minutes 51 seconds
    Geld beruhigt auch nicht immer

    Der Sommer geht zu Ende, es beginnt der Herbst mit vielen neuen Sachbüchern, die Diskussionen auslösen werden. In Amerika hat das Samuel Moyn schon geschafft: Mit seinem Buch Der Liberalismus gegen sich selbst greift der Ideenhistoriker berühmte Klassiker des liberalen Denkens nach 1945 an, von Hannah Arendt, Isaiah Berlin bis hin zu Karl Popper und Judith Shklar. Alle seien sie mitschuldig am Aufstieg Trumps und der heutigen Schwäche der westlichen Demokratie – denn der Liberalismus dieser Denker sei einseitig gewesen. Hat Moyn recht mit seiner Attacke?

    Die Welt der Superreichen ist vor den Blicken der Normalverdiener meistens gut geschützt. Der Journalistin Julia Friedrichs gelingt jetzt ein Blick an Bord der Luxusjachten und hinter die Mauern und Hecken um all die großen Villen: Ihre Recherche schaut auf Statistiken ebenso wie auf ganz normalen superreichen Lebensalltag, auf das gute oder schlechte Gewissen, das auf immensen Reichtum folgt. Die Privilegien kommen ebenso vor wie die Sinnkrisen dieser Elite, während die Autorin nach Antworten sucht, wie eine Gesellschaft, die gerecht sein will, obszöne Ungleichheit in den Griff bekommen kann.

    Der "Erste Satz" stammt diesmal aus dem Buch von Barbara Bleisch, Mitte des Lebens: Darin geht es um die schon so oft beklagte Midlife-Crisis – aber diesmal ganz anders als sonst. Denn die Philosophin Bleisch erklärt auf originelle Art, weshalb diese "besten Jahre" eigentlich ziemlich lässig sein können und auch noch überraschend viele neue Chancen bieten.

    Als Klassikerin empfehlen unsere Hosts diesmal Hannah Arendt mit zwei neu entdeckten Texten, die in dem Band Über Palästina erschienen sind. Sie zeigen die weltberühmte Denkerin von einer wenig bekannten Seite: als politisch hellwache Zeitgenossin, die sich schon in den 1940er- und 1950er-Jahren Gedanken über Lösungen im Nahostkonflikt machte. Und diese Gedanken sind leider immer noch hochaktuell.

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    Literaturangaben:

    Barbara Bleisch: Mitte des Lebens. Eine Philosophie der besten Jahre, Hanser, 272 Seiten, 25 Euro

    Samuel Moyn: Der Liberalismus gegen sich selbst. Intellektuelle im Kalten Krieg und die Entstehung der Gegenwart, übersetzt von Christine Pries, Suhrkamp, 303 Seiten, 30 Euro

    Julia Friedrichs: Crazy Rich. Die geheime Welt der Superreichen, Berlin Verlag, 384 Seiten, 24 Euro

    Hannah Arendt: Über Palästina, übersetzt von Mieke Hiegemann, Piper, 272 Seiten, 22 Euro

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    7 September 2024, 3:55 am
  • 41 minutes 5 seconds
    Sex mit Künstlicher Intelligenz

    Wir sprechen über Alexander Schimmelbuschs neuen Roman „Karma“, der einen Blick in die Zukunft wagt. Wie sieht Deutschland im Jahr 2033 aus? Was wird die Künstliche Intelligenz mit uns machen? Und vor allem: Wie steht es in wenigen Jahren um die Liebe und den Sex?

    Auch Martina Hefters neuer Roman „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ handelt von der Liebe im digitalen Zeitalter. Die Heldin des Romans treibt in ihrer Leipziger Wohnung nachts ein aufregendes Spiel mit Love-Scammern. Also mit Männern, die einsamen Frauen auf Instagram Liebe versprechen, um ihnen am Ende ihr Geld abzuknöpfen. Doch hier hält die Erzählerin souverän alle Fäden in der Hand, während ihr schwer kranker Partner im Nebenzimmer an seinem Roman arbeitet.

    Unser Klassiker ist Robert Musils erster Roman „Die  Verwirrungen des Zöglings Törless“ aus dem Jahr 1906. Er  bietet nicht nur erstklassigen Lesegenuss, sondern auch reichlich Stoff, um über den spektakulären Untergang der Welt des 19. Jahrhunderts, sowie über die Entdeckung sexueller und seelischer Abgründe zu diskutieren.

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    24 August 2024, 9:05 am
  • 56 minutes 29 seconds
    Vier Bücher, um die US-Wahlen zu verstehen

    Selten war ein Wahlkampf derart turbulent – vom Attentat auf Donald Trump bis zu Joe Bidens Verzicht und der Einwechslung von Kamala Harris als Kandidatin der Demokraten. Wohin treibt Amerika? Es gibt viele Bücher, die versuchen, ein Land im Aufruhr zu erklären. Für ein "Was liest du gerade?"-Spezial sprechen Maja Beckers und Alexander Cammann über vier Sachbücher, die sich wirklich lohnen.

    Da ist das neue Buch von Daniel Ziblatt und Steven Levitsky, Politikwissenschaftler in Harvard und Autoren des Weltbestsellers Wie Demokratien sterben. Sie glauben, die amerikanische Demokratie stehe am Abgrund, weil Mehrheiten sich nicht mehr durchsetzen können. In ihrem neuen Buch Die Tyrannei der Minderheit erklären sie, warum das amerikanische Wahlsystem geradezu darauf ausgelegt ist, dass eine reaktionäre Minderheit sich durchsetzt und warum deshalb diese reiche Demokratie besonders anfällig ist für den Autoritarismus.

    Jemand, der davon profitiert, ist J. D. Vance, Trumps Kandidat für die Vizepräsidentschaft. In der Rubrik Der erste Satz diskutieren unsere Hosts über ein Zitat aus seinem gefeierten Buch Hillbilly-Elegie von 2016. Was meint Vance damit, wenn er den weißen Armen im Rust Belt eine geradezu spirituelle Kultur des Scheiterns attestiert?

    Wachsende Zeltstädte, Sucht und Obdachlosigkeit – die oft extreme Armut in den USA ist ein zentrales Thema vieler Wahlkampfdebatten. Matthew Desmond ist Soziologe in Princeton und Pulitzer-Preisträger. In seinem Buch Armut. Eine amerikanische Katastrophe versucht er zu verstehen, warum Armut in den USA ein derart gravierendes und dauerhaftes Problem ist. Und er kommt zu einigen überraschenden Schlüssen, die mit den üblichen Erklärungen von rechts (Migration) und links (Neoliberalismus) nichts zu tun haben.

    Und warum spielen individuelle Rechte, von Schwangerschaftsabbrüchen bis Black Lives Matter, in den amerikanischen Diskussionen immer so eine große Rolle? Aufschlussreich ist da ein Blick in vier Essays von Judith Shklar, die unter dem Titel Der Liberalismus der Rechte zum Klassiker geworden sind. Die 1992 verstorbene und seit einigen Jahren wiederentdeckte Theoretikerin findet, dass genau dieser Fokus auf persönliche Rechte typisch ist für den besonderen amerikanischen Liberalismus.

    Sie erreichen das Team von Was liest du gerade? unter [email protected].

    Literaturangaben:

    Steven Levitsky, Daniel Ziblatt: "Die Tyrannei der Minderheit. Warum die amerikanische Demokratie am Abgrund steht und was wir daraus lernen können", übersetzt von Klaus-Dieter Schmidt, DVA, 352 Seiten, 26 Euro 

    Matthew Desmond: "Armut. Eine amerikanische Katastrophe", übersetzt von Jürgen Neubauer, Rowohlt, 304 Seiten, 20 Euro 

    JD Vance: "Hillbilly-Elegie", übersetzt von Gregor Hens, Ullstein, 304 Seiten, 18 Euro

    Judith Shklar: "Der Liberalismus der Rechte", übersetzt von Dirk Höfer, Hannes Bajohr (Hg.), Matthes & Seitz, 203 Seiten, 16 Euro

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    10 August 2024, 3:55 am
  • 16 minutes 4 seconds
    Gin am rauschenden Meer und Esel auf der Hausweide

    In unserer August-Folge von Was liest du gerade? geht es um Sommerbücher, die der Seele guttun. Wir blicken mit Anna Katharina Fröhlichs Sommernovelle Die Yacht aufs rauschende Meer. Die in Italien lebende Autorin entführt uns nach Sizilien in eine Welt des edlen Müßiggangs. Geld spielt keine Rolle, alle tragen weiße Leinenkleider, trinken Gin, ergehen sich in gebildeter Kulturkritik und glühenden Leidenschaften. Natürlich endet alles in einem dramatischen Finale, in dem diese herrlich sorglose Parallelwelt grandios in sich zusammenfällt. Aber bis dahin schwelgen wir in geschmackvoller süditalienischer Oberklassenherrlichkeit und einer verschwenderischen Wortpracht.

    Ganz anders, aber auch sommerleicht geht es im Tagebuch der Dichterin Sarah Kirsch zu. In Berlin dreht sich im historischen Sommer 1990 alles um die Wiedervereinigung. Die Dichterin sitzt währenddessen in ihrem Landhaus in Schleswig-Holstein und trinkt erst einmal "Koffie", füttert die Katzen und bringt den Esel auf die Hausweide. Die Politik ist Sarah Kirsch lästig, die Akteure in Berlin kommen ihr wichtigtuerisch und eitel vor. Sie bevorzugt ein mönchisches Leben in der Natur und hinterlässt uns ein hinreißendes Plädoyer für ein beschauliches Sommeridyll auf dem Land.

    Sie erreichen das Team von Was liest du gerade? unter: [email protected].

    Literaturangaben:

    Anna Katharina Fröhlich: "Die Yacht; Eine Sommernovelle", Friedenauer Presse, Berlin 2024, 164 S., 20,– Euro

    Sarah Kirsch: "Der Sommer fängt doch so an! Tagebuch 1990", Steidl Verlag, Göttingen 2023, 221 S., 24,– Euro

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    29 July 2024, 1:56 pm
  • 57 minutes 55 seconds
    Was ist nur mit den Ossis los?

    Es ist ein Dauerbrenner in den öffentlichen Debatten: die schwierige Situation in Ostdeutschland. Daher schauen Maja Beckers (West) und Alexander Cammann (Ost) diesmal in der Sachbuchausgabe von Was liest Du gerade? auf interessante Bücher von Ostdeutschen über den Osten. Der Soziologe Steffen Mau plädiert für Realismus: In seinem Bestseller Ungleich vereint erklärt er, weshalb der Osten auch in Zukunft sich vom Westen unterscheiden wird und wie eine kluge Politik darauf reagieren sollte. Die Tagesthemen-Moderatorin Jessy Wellmer, wie Mau in der DDR geboren, erzählt in Die neue Entfremdung aus ihrer Kindheit in Mecklenburg, von Freunden und Familie und deren Träumen und Schwierigkeiten nach der Wiedervereinigung und von der gesellschaftlichen Gefahr durch Klischees und bequeme Mythen.

    Der erste Satz stammt diesmal aus einem besonderen Buch: Annett Gröschner, Peggy Mädler und Wenke Seemann haben sich mehrfach getroffen, diskutiert und gestritten und das alles in einen Gesprächsband Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat verwandelt. Sie debattieren über Alltag und Aufwachsen in der DDR, Feminismus, Familie und Kapitalismus, Utopien und Alternativen.

    Als Klassiker empfehlen unsere Hosts diesmal Die Ostdeutschen. Kunde von einem verlorenen Land: Der Soziologe Wolfgang Engler hat sich darin bereits 1999 auf die Suche nach der speziellen Mentalität gemacht, die in der DDR entstanden ist, und mit diesem Buch die Ost-West-Debatten stark geprägt. Sind seine Thesen heute noch aktuell?

    Ob Heimatkunde oder Entdeckungstrip: Der Osten bleibt also aufregend!

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    Literaturangaben:

    Steffen Mau: Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt, Suhrkamp, 168 Seiten, 18,– €

    Jessy Wellmer: Die neue Entfremdung. Warum Ost- und Westdeutschland auseinanderdriften und was wir dagegen tun können, Kiepenheuer & Witsch, 256 Seiten, 24,– €

    Annett Gröschner, Peggy Mädler, Wenke Seemann: Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat, Hanser, 320 Seiten, 22,– €

    Wolfgang Engler: Die Ostdeutschen. Kunde von einem verlorenen Land, Aufbau, 352 Seiten, 12,– €

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    13 July 2024, 7:00 am
  • 40 minutes 53 seconds
    Eine Liebe aus Klagenfurt und eine in Ost-Berlin

    An diesem Wochenende wird der legendäre Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt verliehen. Seit Tagen streitet die Jury vor Publikum und Fernsehkameras über literarische Texte vor den Augen der Schriftstellerinnen und Schriftstellern. In dieser Folge von Was liest du gerade? sprechen Iris Radisch und Adam Soboczynski daher über ein neues Buch aus dem Nachlass von Ingeborg Bachmann mit dem Namen Senza Casa. Von der österreichischen Schriftstellerin (1926–1973), zu deren Ehren der Preis in ihrer Geburtsstadt verliehen wird, können im Juli bislang unbekannte autobiografische Skizzen und Notizen aus Neapel, Ischia und Klagenfurt entdeckt werden. Wir erfahren von einer unerfüllten Liebe, vom Leid des Schreibens – aber immer ist sie voller Lebenshunger, der ansteckend ist.

    Jenny Erpenbeck wurde vor Kurzem mit ihrem Roman Kairos den International Booker Prize verliehen. Wir sprechen über dieses große Werk, das uns in die letzten Jahre der DDR entführt: Es spielt im weinseligen und amourösen Intellektuellenmilieu Ost-Berlins. Wie wird in diesem Roman der Westen gesehen? Wie die Stasi? Und warum ist die Liebesgeschichte der jungen Protagonistin zu einem alten Schriftstellerfreund so böse, toxisch und sadistisch?

    Im Roman von Jenny Erpenbeck taucht auch der Schriftsteller Heiner Müller auf. Unser Klassiker ist diesmal eine Erzählung von Müller aus dem Jahr 1956: Das Eiserne Kreuz.

    Der "Erste Satz" kommt diesmal aus dem ungewöhnlichen und lustigen Krimi Die Frau mit den vier Armen von Jakob Nolte.

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    Literaturangaben:

    Ingeborg Bachmann: Senza Casa, Suhrkamp, 336 Seiten, 42 Euro

    Jenny Erpenbeck: Kairos, Penguin, 384 Seiten, 24 Euro

    Jakob Nolte: Die Frau mit den vier Armen, Suhrkamp, 235 Seiten, 20 Euro

    Heiner Müller: Werke 2. Die Prosa, Suhrkamp, herausgegeben von Frank Hörnigk, 210 Seiten, 30 Euro

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    29 June 2024, 7:00 am
  • 54 minutes 1 second
    Sommer, Sonne, Sachbücher

    Ob am Strand, im Garten oder auf dem Balkon: Die Ferien können mit guter Sachbuchlektüre noch schöner werden. Dafür haben Maja Beckers und Alexander Cammann diesmal vier unterhaltsame und anregende Tipps parat. Der Bestsellerautor Manfred Lütz hat in seinem neuen Buch einen ganz besonderen Ort im Visier: Rom. In Der Sinn des Lebens erzählt er von der Ewigen Stadt und ihren legendären Kunstwerken, den Bauwerken, Bildern und Skulpturen, von der Antike bis heute. Lütz erklärt in Anekdoten und Analysen die nie nachlassende Faszinationskraft der Stadt mit ihrer besonderen Schönheit. Immer wieder hat sie die größten Künstler zu Meisterwerken angestachelt, von Michelangelo, Raffael bis Caravaggio – und sie zieht die Menschen aus aller Welt bis heute magisch an.

    Besessen von Kunst war auch einer der erstaunlichsten Täter der Kriminalgeschichte: Stéphane Breitwieser stahl in den 1990er-Jahren mit seiner Lebensgefährtin Kunstwerke aus 200 Museen im Wert von einer Milliarde Euro und hortete sie bei sich zu Hause. Michael Finkel hat den spannenden Fall dieses Mannes rekonstruiert.

    "Der erste Satz" stammt diesmal aus einem zur Reisezeit passenden Buch: Marion Löhndorf erzählt vom Leben im Hotel, über die legendären Häuser von Kalifornien bis Europa sowie ihre berühmten Gäste – und die besondere Aura, die ein Hotel von der Airbnb-Wohnung immer noch unterscheidet.

    Als Klassikerin empfehlen unsere Hosts diesmal Anne Fadiman und ihr 1998 erschienenes Buch Ex Libris. Aus dem Leben einer Bibliomanin. Höchst unterhaltsam schildert die amerikanische Autorin, was es im Alltag bedeutet, eine leidenschaftliche Buchliebhaberin zu sein – viele süchtige Leserinnen und Leser dürften sich bei ihr wiedererkennen.

    In diesem Sinne, einen schönen Urlaub!

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    15 June 2024, 7:00 am
  • 44 minutes 35 seconds
    Hellwach sein ist auch keine Lösung

    In dieser Folge von Was liest du gerade? sprechen Iris Radisch und Adam Soboczynski über die Fortsetzung der aktuellen Morgenstern-Serie von Karl Ove Knausgård. Im neuen Band Das dritte Königreich steht noch immer ein unbekannter Stern am Himmel, und es häufen sich magische und unerklärliche Ereignisse. Die Mystery-Handlung des aktuellen Bandes lässt viel Raum für die originellen philosophischen und theologischen Reflexionen, für die der norwegische Starautor bekannt ist.

    Außerdem sprechen sie über die aktuelle Neuerscheinung von Saša Stanišić Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne. Das neue Buch des erfolgreichen, aus Bosnien stammenden deutschsprachigen Schriftstellers ist ein Erzählungsband, der humorvoll das Fremdsein junger Einwanderer in Deutschland reflektiert, aber auch nachdenklich von der Einsamkeit alter Frauen oder einer seltsamen Fantasiereise nach Helgoland erzählt. Die Tonlage ist stets heiter und pointensatt. Das liest sich munter und frisch. Oder kann es auch schon mal nerven?

    In der neuen Reihe des Hanser Berlin Verlages, in dem aktuell die existenziellen Themen des Lebens von prominenten Autoren und Autorinnen essayistisch bearbeitet werden, hat Theresia Enzensberger einen interessanten Essay über den Schlaf veröffentlicht. Woran liegt es, dass immer mehr Menschen so schlecht schlafen? Warum hat der Schlaf so einen miesen Ruf? Wäre es nicht besser, wenn man nicht ständig hellwach seien müsste?  Die Schriftstellerin führt anschaulich durch ein vermintes Themenfeld und bekennt: Sie selbst kann auch nicht gut schlafen. Willkommen im Club.

    Passend zum Schlaf-Essay fragt der Klassiker diesmal nach den unkontrollierten Nachtseiten der Existenz. In Heinrich von Kleists Novelle Die Marquise von O … wird eine junge Witwe während einer Ohnmacht von einem Unbekannten geschwängert und sucht anschließend in schöner Unschuld per Zeitungsannonce nach dem Vater ihres ungeborenen Kindes.

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    Literaturangaben:

    Karl Ove Knausgård: Das dritte Königreich, aus dem Norwegischen von Paul Berf, Luchterhand Verlag, 656 Seiten, 28 Euro

    Theresia Enzensberger: Schlafen, Hanser Berlin, Berlin 2024, 112 Seiten, 20 Euro

    Saša Stanišić: Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne. Erzählungen, Luchterhand, 256 Seiten, 24 Euro

    Heinrich von Kleist: Die Marquise von O …, Reclam, 88 Seiten, 3,50 Euro

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    1 June 2024, 7:00 am
  • 1 hour 5 minutes
    Goethe, der Judenfeind?

    Über dieses heikle Thema sei zu lang geschwiegen worden, sagt der US-amerikanische Germanist und Goetheforscher Daniel Wilson: "Goethe und die Juden". So heißt sein neues Buch, in dem er sich das Verhältnis des Dichters zu Jüdinnen und Juden ganz genau ansieht. Wilson durchkämmt sein Werk, aber schaut sich auch an, wie Goethe privat sprach, wie er sich politisch verhielt oder als Theaterdirektor in Weimar – mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen: zwischen Feindschaft und Faszination.

    Außerdem diskutieren Maja Beckers und Alexander Cammann diesmal über ein hochaktuelles und ebenso streitbares Buch: "Die vulnerable Gesellschaft" von Frauke Rostalski. Die Juristin beklagt eine neue Verletzlichkeit und die juristischen Folgen. Sind wir wirklich zu weich? Geht das Gesetz zu weit und macht selbst Opfer unfrei?

    "Der erste Satz" kommt diesmal aus einem Buch, das höchst unterhaltsam Illusionen platzen lässt: In "Mythos Nationalgericht" erklärt der italienische Historiker Alberto Grandi, was wirklich hinter Pizza, Carbonara und italienischem Olivenöl steckt.

    Und kurz vor der Europawahl empfehlen unsere Hosts diesmal den Klassiker "Der entführte Westen", ein Essay von Milan Kundera aus dem Jahr 1983. Darin beklagt Kundera eine Entführung, wie er es nennt, von Mitteleuropa in den Osten, obwohl Staaten wie Polen, Tschechien oder Ungarn eigentlich tief sitzende westliche Traditionen hätten.

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    Literaturangaben:

    W. Daniel Wilson: Goethe und die Juden. Zwischen Feindschaft und Faszination, C.H. Beck, 351 Seiten, 29,90 Euro

    Frauke Rostalski: Die vulnerable Gesellschaft. Die neue Verletzlichkeit als Herausforderung für die Freiheit, C.H. Beck, 189 Seiten, 16 Euro

    Alberto Grandi: Mythos Nationalgericht. Die erfundenen Traditionen der italienischen Küche, aus dem Italienischen von Andrea Kunstmann, Harper Collins, 256 Seiten, 22 Euro

    Milan Kundera: Der entführte Westen. Die Tragödie Mitteleuropas, aus dem Französischen von Uli Aumüller, Kampa, 96 S., 20 Euro

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    18 May 2024, 7:00 am
  • 49 minutes 29 seconds
    Eine Liebe, die den Schmerz besiegt

    In dieser Folge sprechen wir über das aufsehenerregende Buch „Knife“ von Salman Rushdie. Im August 2022 hat der weltberühmte Schriftsteller einen Anschlag nur knapp überlebt und jetzt ein großes Buch über den körperlichen Schmerz und die Liebe zu seiner Frau, seiner Familie und seinen Freunden veröffentlicht. Er versucht zu erklären, weshalb religiöse Fanatiker es auf ihn abgesehen haben und was es bedeutet, im Leben eine zweite Chance zu erhalten. 

    Wir diskutieren über einen besonders düsteren und hochkarätigen Autor Amerikas, über George Saunders. In seinem Erzählungsband „Tag der Befreiung“ werden Menschen versklavt und programmiert, sie haben nicht den Mut sich gegen eine Diktatur zu erheben, sie schlagen sich gegenseitig halbtot. Freiheit gibt es keine mehr, oder ist das Schreiben vielleicht der letzte Akt von Unabhängigkeit? Und überhaupt: Was ist so faszinierend an diesen Erzählungen, die so bedrückende Botschaften transportieren?

    Die Dänin Madame Nielsen erzählt in ihrem Buch „Mein Leben unter den Großen“ herrlich unterhaltsam, wie sie zuerst zum Schriftsteller, und dann zur Schriftstellerin wurde. Sie wurde auch deshalb zur großen Autorin, weil sie andere Schriftstellerinnen und Schriftsteller traf, die ihr mal großherzig, mal arrogant entgegentraten. Ein Sittengemälde des Literaturbetriebs.

    Unser Klassiker ist ein wenig bekanntes Meisterwerk von Anna Seghers, die Erzählung „Der Ausflug der toten Mädchen“: Wie konnten aus harmlosen Schulkameradinnen nur glühende Nationalsozialistinnen werden?

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    Literaturangaben:

    Salman Rushdie: Knife, Penguin, 256 Seiten, 25 Euro

    George Saunders: Tag der Befreiung, Luchterhand, 320 Seiten, 25 Euro

    Madame Nielsen: Mein Leben unter den Großen, Kiepenheuer & Witsch, 224 Seiten, 24 Euro

    Anna Seghers: Der Ausflug der toten Mädchen. Erzählungen, Aufbau Taschenbuch, 151 Seiten, 11 Euro

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    4 May 2024, 7:00 am
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