SWR2 Musikstück der Woche

Südwestrundfunk

Beethoven oder Fauré, Pergolesi oder Bach, gespielt von Orchestern, Ensembles und Chören aus der ganzen Welt: jeden Freitag gibt es ein neues Stück Klassik aus unserem Archiv zum Anhören und Downloaden.

  • 18 seconds
    Abschied vom „Musikstück der Woche“-Podcast
    Liebe Hörerinnen und Hörer, wir stellen unser Podcast-Angebot „Das SWR2 Musikstück der Woche“ ein. Sie finden die Musikstücke der vergangenen Jahre in der App von SWR Kultur, außerdem auf der Website SWRKultur.de.
    13 April 2024, 8:05 am
  • 24 minutes 27 seconds
    Lionel Martin und Demian Martin spielen Prokofjews Cellosonate C-Dur op. 119

    Konfliktfreie Zone

    Stalins Kultursprecher Andrei Zhdanov leitet auch die letzte dieser Maßnahmen im Jahr 1948. Die sogenannte Zhdanov-Doktrin besagt in Kürze, dass der einzig denkbar darzustellende Konflikt in sowjetischer Kunst jener sei zwischen „dem Guten und dem Besten“. Theoretisch bedeutet das, dass man sich in allen kreativen Fragen eng an die Parteilinie zu halten habe. Praktisch bedeutet es, dass zwei Denunziationen ausreichen, um kreativ kaltgestellt zu werden. Der Vorwurf des „Formalismus“ kann Aufführungsverbote und willkürliche Repressionen gegen ganze Familien auslösen.

    Acht Jahre Arbeitslager für Prokofjews Frau

    Während einer der endlosen Konferenzen, bei denen Komponisten gezwungen werden, sich offiziell für ihre Produktionen zu entschuldigen, erfährt der angststarre Prokofjew, dass seine erste Frau Lina wegen des Verdachts der Spionage verhaftet worden ist. Die erfundenen Anschuldigungen bringen sie für acht Jahre ins Arbeitslager. Prokofjew wird ihre Entlassung nicht mehr erleben. Er stirbt 1953 am selben Tag wie Stalin.

    Die Cellosonate: überdrehtes Zugeständnis

    Persönlich befindet sich Prokofjew 1949 also in einer tiefen Krise. Äußerlich allerdings kaschiert er seine Ängste in der Cellosonate op. 119 wirkungsvoll und doppelbödig. Manche Passage wirkt im Mittelsatz fast übertrieben heiter und volkstümlich, ein überdrehtes Zugeständnis an die kommunistischen Sittenwächter. Den letzten virtuosen Schliff erhält die Sonate auch durch den jungen Widmungsträger Mstislaw Rostropowitsch, der Prokofjew als 20-Jähriger, 1947, bei einem Moskauer Konzert extrem beeindruckt hatte. Im Juni 1949 ist das Werk fertig, es bleibt nicht viel Zeit zum Proben, denn es wird noch im selben Monat vor dem Staatlichen Komitee für Kunstangelegenheiten aufgeführt.

    Der lange Marsch durch die Institutionen

    Sviatoslav Richter, Pianist der etwas absurd anmutenden Premiere, erinnerte sich später: Bevor wir sie im Konzert spielen konnten, mussten wir sie im Komponistenverband aufführen, wo diese Herren über das Schicksal aller neuen Werke entschieden. In dieser Zeit mussten sie vor allem herausfinden, ob Prokofjew ein neues Meisterwerk oder ein „volksfeindliches“ Werk geschaffen hatte. Drei Monate später mussten wir es auf einer Plenarsitzung aller Komponisten, die im Rundfunkkomitee saßen, erneut spielen, und erst im folgenden Jahr konnten wir es öffentlich aufführen. Am 1. März 1950 im Kleinen Saal des Moskauer Konservatoriums.

    Quelle: Sviatoslav Richter

    Ob nun von der damaligen sowjetischen Staatspolitik diktiert oder nicht, die Einfachheit der Sonate ist von größter Bedeutung. Die schroffen dissonanten Techniken, die in seinen Werken oft so aufregend hervorstechen, sind verschwunden, Harmonie, Rhythmus und die Satzangaben sind durchsichtig und direkt in der Aussage.
    13 April 2024, 8:05 am
  • 30 minutes 40 seconds
    Das Adelphi Quartett spielt Mendelssohns Streichquartett Nr. 2

    Fixpunkt Beethoven

    Der achtzehnjährige Felix Mendelssohn Bartholdy kennt die Kammermusik von Ludwig van Beethoven bestens. Vor allem die späten Streichquartette haben es ihm angetan. Während diese Werke von einigen Zeitgenossen als verschroben und unverständlich verspottet werden, ist der junge Mendelssohn begeistert von den Kompositionen, so begeistert, dass er sie – im besten und schönsten Sinne – kopiert. 1827 stirbt Ludwig van Beethoven. Im selben Jahr erscheint auch sein Streichquartett op. 132 im Druck und Mendelssohn sagt sich: So etwas will ich auch machen! Entstanden ist das Streichquartett Nr. 2 in a-Moll op. 13.

    Sauersüße Verwechslungsgefahr

    Dass sich Mendelssohn in diesem Werk an Beethoven orientiert, fällt auch den Zeitgenossen auf. Das berichtet Mendelssohn selbst in einem Brief an seine Familie. Darin erzählt er von einem Konzert in Paris. Auf dem Programm stand unter anderem sein a-Moll-Streichquartett. Mendelssohn schreibt nicht ohne Stolz: Im letzten Stück zupfte mich mein Nachbar, der Abbé Bardin, und sagte: „Er hat das in einer seiner Symphonien.“ – „Wer?“, sagte ich etwas ängstlich. – „Beethoven, der Komponist dieses Quartetts“, sagte er mir wichtig. Es war sauersüß.

    Quelle: Mendelssohn in einem Brief vom 21. Januar 1832 an die Familie

    „Pfui über alle!“

    Doch auch wenn Beethovens Kompositionen hier Pate standen, steckt ordentlich Mendelssohn im a-Moll-Streichquartett – so zum Beispiel direkt zu Beginn im ersten Satz. Hier zitiert sich Mendelssohn selbst. Genauer gesagt: Er zitiert ein Motiv aus seinem Lied „Frage“, das er kurz zuvor komponiert hat. Das Lied, was ich dem Quartette beifüge ist das Thema desselben. Du wirst es im ersten und letzten Stücke mit seinen Noten, in allen vier Stücken mit seiner Empfindung sprechen hören. […] Sieh meinen Jammer! Viele Leute haben es schon gehört; aber ist es schon einem einzigen (meine Schwestern nehme ich aus, und Ritz und Marx auch), aber einem einzigen sonst eingefallen, ein Ganzes darin zu sehen? Der eine lobt das Intermezzo, der andre das, der dritte jenes. Pfui über alle!

    Quelle: Mendelssohn in einem Brief vom 19. Februar 1828 an Adolf Fredrik Lindblad

    Was wie beim Vorbild Beethoven beginnt, endet nach einigen dramatischen Wendungen leise und lyrisch – ein Schluss, wie eben nur bei Mendelssohn.
    6 April 2024, 8:05 am
  • 24 minutes 26 seconds
    SWR Symphonieorchester unter Yi-Chen Lin spielt Prokofjews Ballett „Romeo und Julia“

    Paris oder Moskau – Hauptsache Europa

    In den folgenden Jahren lebt er vor allem in Paris. Seine vielfältigen Konzertreisen führen ihn 1927 erstmals wieder in die Sowjetunion. Noch im Zug, an der lettischen Grenze, überfallen ihn Zweifel, schlimmste Vorhersagen scheinen sich in der Folge zu bewahrheiten: das Moskauer Hotel ist verwahrlost, der herbeigeschaffte Flügel marode, man erzählt ihm von Abhörvorrichtungen unter dem Bett. Aber gibt es die wirklich? Weder Prokofjew noch seine junge spanische Frau mögen daran glauben.

    Heimweh und Moosbeerensaft

    Stattdessen beschäftigen den heimwehkranken Komponisten spätestens nach Gesprächen mit alten Freunden, nach „grandioser Schlagsahne, Moosbeerensaft, und überhaupt einer Menge vorzüglicher und halbvergessener Sachen“ immer stärker Gedanken an eine endgültige Rückkehr in die vermisste Heimat. Nach einigen Jahren des Pendelns zwischen Moskau und Paris lassen sich Sergej und Lina 1936 schließlich in Moskau nieder. Zwei Jahre später unternimmt er seine letzte Reise ins westliche Ausland. Ist die Rückkehr eine fatale Entscheidung? Für die später vom Komponisten verlassene Lina ganz sicher. Sie wird 1948 unter dem falschen Vorwurf der Spionage zu zwanzig Jahren Arbeitslager in Sibirien verurteilt. Aber noch scheint vieles gut.

    Große Pläne

    Das Ballett „Romeo und Julia“ ist eins der ambitionierten Projekte der Jahre der Rückkehr. Schon im Dezember 1934 verhandelt Prokofjew in Leningrad mit dem Kirow-Theater. Vorgeschlagene Libretti: „Pelléas et Mélisande“, „Tristan und Isolde“ und schließlich „Romeo und Julia“. Ich verbiss mich direkt in den letzten Vorschlag. Eine bessere Handlung wäre wohl kaum zu finden gewesen!... Das Theater gab mir damals die Möglichkeit, das Erholungsheim des Bolschoi-Theaters „Polenowo“ zu nutzen, um am Ballett zu arbeiten. Hier habe ich das Ballett so gut wie abgeschlossen, wobei ich zum Teil die bereits im Frühling komponierten Motive nutzte. Im Herbst fand im Theater eine Probeaufführung des Balletts statt. Es wurde kein Erfolg. Damals wurde das Ballett nicht auf die Bühne gebracht.

    Quelle: Sergei Prokofjew

    Uraufführung im Ausland

    Uraufgeführt wurde „Romeo und Julia“ schließlich am 30. Dezember 1938 in Brünn in der damaligen Tschechoslowakei. Bis 1946 fertigt Prokofjew insgesamt drei Suiten für Orchester sowie Klavierbearbeitungen vieler Stücke an.
    30 March 2024, 9:05 am
  • 34 minutes 32 seconds
    Dmitry Ablogin und das Freiburger Barockorchester: Johann Nepomuk Hummels Klavierkonzert a-Moll op. 85

    Ein Wunderkind asu Bratislava

    Johann Nepomuk Hummel dürfte vor allem Trompeterinnen und Trompetern ein Begriff sein, denn sein Trompetenkonzert gehört zu den Standardwerken bei Hochschulprüfungen. Doch sonst findet man den Namen Johann Nepomuk Hummel eher selten auf den Konzertprogrammen. Dabei war er zu Lebzeiten ein gefeierter Klaviervirtuose. Geboren wird Johann Nepomuk Hummel 1778 in Preßburg, dem heutigen Bratislava. Sein Vater ist selbst Musiker und erkennt schnell das Talent, das in seinem Sohn schlummert. Also geht Familie Hummel dorthin, wo man Ende des 18. Jahrhunderts hingeht, wenn man im Musikgeschäft etwas werden möchte: nach Wien. Dort erhält Hummel Klavierunterricht bei keinem Geringeren als Wolfgang Amadeus Mozart. Und dann – mit gerade einmal zehn Jahren – geht es auf Tournee. Fünf Jahre lang reist das Wunderkind Hummel mit seinem Vater durch Europa und lässt die Finger über die Klaviaturen fliegen.

    Missklang im Schloss Esterházy

    Zurück in Wien nimmt Hummel Unterricht bei Johann Georg Albrechtsberger, Antonio Salieri und Joseph Haydn – bei denselben Lehrern studierte auch Beethoven. Als er den Wunderkind-Schuhen entwachsen ist, wird Hummel eine feste Größe im Musikleben seiner Zeit. Für viele ist er der bedeutendste Pianist der Epoche. Haydn vermittelt Hummel schließlich an den Fürsten Nikolaus II. Esterházy in Eisenstadt. Dort wird er 1804 Konzertmeister. Die Zeit in Eisenstadt verläuft allerdings nicht vollends harmonisch: Hummel fordert mehr künstlerische Freiheiten ein. Das hört der Dienstherr nicht gerne und Hummel wird wieder entlassen. Macht nichts, es gibt ja schließlich noch andere Fürsten, Herzöge und Könige.

    Alles andere als ein „Alltagsmensch“!

    Ein paar Jahre später zieht es Hummel nach Stuttgart, wo er zum Königlich Württembergischen Hofkapellmeister ernannt wird. Aber auch auf dieser Position wird Hummel nicht glücklich. Wieder kommt es zu Spannungen mit dem Dienstherrn. Hummel hat einiges zu beklagen: Zu wenig Zeit zum Komponieren, das mittelmäßige Niveau der Hofkapelle und dann auch noch der konservative Geschmack des Publikums. 1818 schreibt er an seinen Verleger Carl Friedrich Peters: Hier ist kein Platz für einen Künstler, der die Welt mit seinen Arbeiten bereichern soll; sondern nur für einen Alltagsmenschen, der mit Essen und Trinken vorliebnimmt, und sich überhaupt alles gefallen lassen will.

    Quelle: Johann Nepomuk Hummel

    Ein Werk zwischen den Zeiten

    Hummel lässt sich beileibe nicht alles gefallen: Nach kurzer Zeit kündigt er seine Position in Stuttgart und wechselt als Großherzoglicher Kapellmeister nach Weimar. Hier lässt er sich die künstlerischen Freiheiten, die er bislang vermisst hat, auch gleich vertraglich zusichern: Jährlich werden ihm drei Monate Urlaub zugesprochen. Und diese Zeit nutzte Hummel für Konzertreisen, schließlich war er ein gefeierter Klaviervirtuose. Das hört man auch seinem Klavierkonzert in a-Moll op. 85 an. Auf den ersten Blick sieht es durch und durch nach Wiener Klassik aus: Typische Besetzung, typische Struktur und die typische dreiteilige Satzfolge (schnell – langsam – schnell). Alles altbekannte Merkmale – fast. Denn den obligatorischen langsamen Mittelsatz schmückt Hummel reichlich aus und die Arpeggien perlen nur so über die Tasten. Das erinnert dann schon ein wenig an Chopin oder Schumann.
    23 March 2024, 9:05 am
  • 24 minutes 8 seconds
    Markus Brönnimann, Anik Schwall und Joseph Moog spielen Debussys Klaviertrio G-Dur

    Teenager oder junger Mann?

    „Vorgestern ist aus Paris ein junger Pianist eingetroffen … Ich habe ihn verpflichtet, um den Kindern Unterricht zu geben… und mit mir im Sommer vierhändig zu spielen. Dieser junge Mann spielt gut, seine Technik ist glänzend, aber sein Spiel verrät überhaupt keine Persönlichkeit. Er hat noch nicht genug erlebt. Er sagt, er sei zwanzig Jahre alt, aber er wirkt wie sechzehn.“

    Ein dringend nötiger Neuanfang

    In Wirklichkeit war Debussy im Sommer 1880 18 Jahre alt, kam allerdings zum ersten Mal „raus“ - aus den kleinbürgerlichen Verhältnissen seiner Jugend in eine wirklich mondäne Umgebung. In den Jahren zuvor hatte Debussy gleich einige empfindliche Rückschläge erdulden müssen. Bei Klavierwettbewerben bemerkte man, dass er zunehmend hinter die hart trainierende Konkurrenz zurückfalle, als virtuoses Wunderkind war er gescheitert, und am Konservatorium wurde er wegen seiner Unangepasstheit im Komponieren permanent vom Professor gedemütigt. Immerhin sah Debussys Klavierlehrer Marmontel, der aus pianistischer Sicht auch nicht wirklich mit der Entwicklung seines Zöglings zufrieden sein konnte, in einer Einladung eine letzte Chance.

    Eine legendäre Mäzenin

    Nadeshda von Meck, die häufige und freigiebige Gönnerin und Brieffreundin von Peter Tschaikowsky, suchte für Reisen in die Schweiz und nach Italien einen Musiklehrer für die Kinder und einen musikalischen Zeitvertreiber. Neben dem jungen Debussy gehörten auch ein Geiger und ein Cellist zur Entourage der steinreichen Mäzenin. Offenbar wurde nächtelang durchmusiziert, sehr zur Freude der Hausherrin, und womöglich auch zu Debussys Gewinn. Mein kleiner Franzose ist abgereist. Denken Sie nur, Pjotr Iljitsch, der Junge hat geweint, als er uns verließ. Das hat mich tief gerührt; er hat ein so liebevolles Herz. Er hätte uns überhaupt nicht verlassen sollen, aber der Direktor des Konservatoriums war schon sehr ärgerlich, weil er seine Rückkehr um vierzehn Tage verschoben hatte...

    Quelle: v. Meck an Tschaikowsky, 15.11.1880

    Ein hundert Jahre verspäteter Triohit

    Die vollständige Wiederentdeckung von Debussys frühem Trio gehört zu den musikwissenschaftlichen Sensationen der letzten Jahrzehnte. Denn vor allem aus dem Briefwechsel zwischen Frau von Meck und Tschaikowsky wußte man von der Existenz dieses in Fiosele in Italien komponierten Stückes. Zwar waren Partitur des ersten Satzes und eine autographe Cellostimme aller vier Sätze bekannt. Die fehlenden Sätze aber, immerhin drei Viertel des Stücks, entdeckte man erst 1982 im Nachlass eines Debussy-Schülers in Paris. 30 Takte des Finalsatzes konnte Debussy-Forscher Ellwood Derr schließlich mithilfe der Cellostimme und einer Abschrift rekonstruieren. Auf diese Weise war er in der Lage, das Werk 1986 im Druck herauszugeben. Unmittelbar danach wurde dem Verlag das Stück quasi aus den Händen gerissen, es folgten unzählige Aufnahmen der Fassung für Violine, Violoncello und Klavier. Das SWR2 Musikstück der Woche lässt eine seltener aufgeführte aparte Bearbeitung mit Flöte statt Violine hören, die weitestgehend dem Originalsatz folgt.
    16 March 2024, 9:05 am
  • 15 minutes 5 seconds
    Das Monet Quintett spielt Gustav Holsts Bläserquintett As-Dur op. 14

    Posaunen und Planeten

    Gustav Holst ist vor allem bekannt für seine Komposition „Die Planten“ – seine interstellare Orchestersuite, ohne die John Williams' Filmmusik zu „Star Wars“ vermutlich ein bisschen weniger galaktisch geworden wäre. „Die Planeten“ von Gustav Holst zeigen auf jeden Fall eines: Der Mann beherrschte sein Handwerk. Holst war ein Meister der Orchestrierung. Kein Wunder, war er doch von Hause aus selbst Orchestermusiker, nämlich Posaunist. Vielleicht wurde auch so sein Interesse an der Alten Musik geweckt – schließlich nahm die Posaune in der Musik der Renaissance und des Barock eine wichtige Rolle ein.

    Ein Blick auf die Alten Meister

    Hört man sich durch die Werkliste von Gustav Holst, dann erkennt man schnell: Diese Liebe zur Alten Musik zeigt sich in zahlreichen seiner Kompositionen, so auch in seinem Quintett für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott in As-Dur op. 14. Im zweiten Satz seines Bläserquintetts orientiert sich Holst etwa an einer Pavane, also an einem Schreittanz der Renaissance. William Byrd und Henry Purcell lassen grüßen.

    Frühe Schrecken in alten Kisten

    Entstanden ist das Bläserquintett 1903, gedruckt wurde es allerdings erst 1982. Der Grund: Das Manuskript war mehr als 60 Jahre verschollen. Das Bläserquintett gehört somit trotz der späten Veröffentlichung zu den Frühwerken, die Holst selbst einmal als „early horrors“, also als „frühe Schrecken“, bezeichnete. Es überrascht dann auch nicht, dass er recht sorglos mit den Manuskripten umging – da kann auch schon einmal eines verloren gehen. Gut, dass jemand in den alten Kisten nachgeschaut hat.
    9 March 2024, 9:05 am
  • 24 minutes 22 seconds
    Lionel Martin und Demian Martin spielen Beethovens Cellosonate op. 5 Nr. 2

    „Gatekeeper“ zum Herzen des Monarchen

    Jean-Pierre Duport, geboren in Paris, gilt als Begründer der deutschen Celloschule. Er war Cellolehrer am Potsdamer Hof und in der Hofmusik eine einflussreiche Figur, nicht zuletzt, weil der König selbst sein Schüler war. Als Wolfgang Amadeus Mozart beispielsweise 1789 eine Audienz haben mochte bei Friedrich Wilhelm II., da ging das nur über den Schreibtisch und die Erlaubnis von Duport, der sich um solche Angelegenheiten zu kümmern hatte. Und was tat Mozart, um sich den Herrn Duport gewogen zu machen? Genau: Er komponierte ihm ein Stück, die sogenannten „Duport-Variationen“.

    Was einmal geht, geht auch zweimal

    Ähnlich versuchte es auch der junge Ludwig van Beethoven einige Jahre später, als Mittzwanziger. Beethoven reiste eigentlich nicht viel in seinem Leben, aber 1796 unternahm Beethoven seine einzige echte Konzerttournee über Prag, Dresden, Leipzig und Berlin. In Potsdam wollte er eben auch den König Friedrich Wilhelm II. von Preußen beeindrucken, den begeisterten Cellisten und Vorzeigeschüler Duports. Also schrieb Beethoven die beiden Sonaten für Violoncello und Klavier op. 5, die er gemeinsam mit Duport dem kunstsinnigen Monarchen vorspielte.

    Der Widmungsträger bedankt sich mit Edelmetall

    Die Sonaten wurden selbstverständlich Friedrich Wilhelm II. gewidmet. Beim Abschied erhielt Beethoven vom König dafür ein kostbares Geschenk: eine edle Dose voller Goldmünzen.
    2 March 2024, 9:05 am
  • 31 minutes 11 seconds
    Kilian Herold und das Armida Quartett spielen Mozarts Klarinettenquintett A-Dur KV 581

    Ein klingendes Zeichen der Verbundenheit

    1789 entstand Mozarts Klarinettenquintett in A-Dur – das erste Werk, das Klarinette und Streichquartett miteinander verband. Komponiert hat er es für den Wiener Klarinettisten Anton Stadler, dem er auch das „Kegelstatt-Trio“ und das berühmte Klarinettenkonzert auf den Leib schrieb. Anton Stadler gehörte im Hause Mozart gewissermaßen zum Inventar. Mozart bezeichnete seinen Freund und Freimaurer-Bruder auch gerne als „Ribiselgesicht“, also als „Johannisbeergesicht“ – vermutlich, weil Stadler seinen hochgelobten Klarinettenklang nicht ohne Anstrengung hervorbrachte und sein Gesicht die Farbe der Johannisbeere annahm. Doch bei Mozart gehörten handfeste Ausdrücke zum guten Ton – sozusagen eine weitere Art der Freundschaftsbekundung.

    „Sollst meinen Dank haben, braver Virtuos!“

    Mozart war vollkommen hingerissen von Stadlers Klarinettenklang. Dieser muss erstklassig gewesen sein, wie ein Konzertbericht aus der damaligen Zeit zeigt: Sollst meinen Dank haben, braver Virtuos! was du mit deinem Instrument beginnst, das hört’ ich noch nie. Hätt’s nicht gedacht, daß ein Klarinet menschliche Stimme so täuschend nachahmen könnte, als du sie nachahmst. Hat doch dein Instrument einen Ton so weich, so lieblich, daß ihm niemand widerstehn kann, der ein Herz hat.

    Quelle: Wolfgang Amadeus Mozart

    Für Anton Stadler, dem Mann mit dem zartschmelzenden Klarinettenklang, schrieb Mozart sein Klarinettenquintett – fünf Stimmen, die ineinander verwoben sind, die aufeinander reagieren und sich ergänzen.

    Im Wechselbad der Gefühle

    Das Klarinettenquintett durchläuft alle möglichen Stimmungen, oder um es mit den Worten von Richard Strauss zu sagen: „Seine nicht-dramatischen Schöpfungen durchlaufen die ganze Skala des Ausdrucks menschlichen Empfindens.“ Das lässt sich hervorragend am Finalsatz zeigen: Es ist ein Variationssatz, in dem die Stimmungsumschwünge auf engstem Raum stattfinden – wie unter einem Brennglas. Es steckt alles drin: Grazie, Melancholie, Lebensfreude und Dramatik. Die vierte Variation ist beispielsweise ein äußerst heiterer Abschnitt. Die Passage endet aber auf einem Dominantseptakkord – musikalisch gesehen befindet man sich also in einer Hab-Acht-Stellung und man fragt sich: Wie wird es wohl weitergehen? Schließlich folgt ein anrührendes Adagio. Doch allzu lange hält auch dieser Gemütszustand nicht an. Nach einigen Takten zuckt Mozart kurz mit den Achseln und es geht munter weiter.
    24 February 2024, 9:05 am
  • 22 minutes 8 seconds
    Seiji Okamoto spielt Franz Schuberts Violinsonate A-Dur D 574

    Fleißiger als die Beatles

    Franz Schuberts Werkverzeichnis umfasst knapp 1000 Nummern, komponiert in knapp 17 Jahren. 31 Jahre alt ist Franz Schubert geworden. Und wenn man davon ausgeht, dass er erst ab seinem 14. Lebensjahr regelmäßig komponiert hat, dann darf man rechnen: Schubert hat durchschnittlich alle sechs Tage etwas Neues produziert. Knapp 60 Werke pro Jahr. Zum Vergleich: die Beatles gab es 18 Jahre, sie haben nur gut 200 kurze Stücke geschrieben, und die Beatles waren immerhin zu viert. Davon abgesehen sind viele Werke von Schubert schlicht viel länger als Beatles-Songs. Ohne zu werten kann man schlicht feststellen: Schubert war extrem fleißig – und dabei auch noch kommerziell völlig erfolglos. Ein Idealist.

    Konzertmeister mit der Geige

    Schubert muss ein guter Pianist gewesen sein, er hat wohl Gitarre gespielt, sehr gut gesungen und ganz fantastisch Geige gespielt. Er war jedenfalls schon als Jugendlicher mit der Violine Konzertmeister, also Leiter der Streichergruppen im Orchester des Wiener Stadtkonvikts, an dem die Sängerknaben und Hofmusiker erzogen wurden. Sein Violinspiel wurde auch in Zeugnissen ausdrücklich gelobt. Insofern ist es schon erstaunlich, dass von den knapp 1000 Werken Schuberts tatsächlich nur sechs Originalwerke für Violine und Klavier existieren, denn immerhin war das eine Hausmusikbesetzung, mit der Beethoven und Mozart in Wien Erfolge gefeiert hatten.

    Schmales Oeuvre mit riesiger Bandbreite

    Drei dieser sechs Schubert-Stücke für Geige und Klavier gelten als so leicht spielbar, dass sie noch heute oft im Geigenunterricht verwendet werden – Sonatinen. Die anderen drei – ein Rondo, eine Fantasie und eine ausgewachsene Sonate – sind dagegen ausgesprochen schwer, ohne allerdings vordergründig virtuos zu sein. Unser SWR2 Musikstück der Woche, Schuberts A-Dur-Sonate, ist quasi ein Musterbeispiel eines Geigenparts, der vordergründig recht unspektakulär wirkt, aber tatsächlich sekündlich Kniffligkeiten bereithält, die nur mit äußerster Virtuosität leicht und selbstverständlich klingen – Meisterwerk und Prüfstein zugleich für jene Kunstfertigkeit, die sich ganz in den Dienst des Ausdrucks stellt.
    17 February 2024, 9:05 am
  • 33 minutes 3 seconds
    Ariane Matiakh dirigiert Emilie Mayers Sinfonie Nr. 7 f-Moll

    Von wegen Männerdomäne

    In der klassischen Musik und in der Musiktheorie scheint die Frage nach „Was ist typisch weiblich?“ und „Was ist typisch männlich?“ hoch im Kurs zu stehen. Da ist die Rede von männlichen und weiblichen Themen, Tonarten und Gattungen. Und damit wären wir auch schon beim Thema: Als typisch „männliche“ Gattungen galten lange Zeit die großen Formen wie Sonaten und Sinfonien. Das verwundert auch nicht, schließlich gab es deutlich mehr Männer, die sich in diesen musikalischen Gefilden herumtrieben – oder man sollte besser sagen: herumtreiben durften. Emilie Mayer ließ sich davon nicht beirren. Sie hatte den Mut, als junge Frau im 19. Jahrhundert ein Leben als Künstlerin zu wagen. Und dieses Selbstbewusstsein spiegelt sich auch in ihrer Arbeit: Sie gab sich nicht damit zufrieden, Lieder und Salonmusik zu schreibe. Stattdessen komponierte sie Werke für große Besetzung.

    Ein komponierender Freigeist

    Geboren wird Emilie Mayer 1812 als Apothekerstochter in der mecklenburgischen Provinz. Ein größeres Erbe ermöglicht ihr, in den 1840er-Jahren nach Stettin zu gehen und ein privates Kompositionsstudium bei Carl Loewe, dem „König der Balladen“, aufzunehmen. Später setzt sie ihre Studien in Berlin fort. Auch unter ihren komponierenden Kolleginnen nimmt Emilie Mayer eine Sonderstellung ein, denn für sie stehen vor allem die großen Gattungen wie Sonaten und Sinfonien im Fokus. Durch ihre Experimentierfreude entwickelt sie in ihren Kompositionen nach und nach einen eigenen Stil – so auch in ihrer siebten Sinfonie in f-Moll. Im vierten Satz dieser Sinfonie stellt Mayer den üblichen dramaturgischen Ablauf auf den Kopf. Sie bietet dem Publikum kein gewöhnliches Kehraus-Finale, in dem zu guter Letzt alle Konflikte aufgelöst sind. Stattdessen kippt der Satz am Ende nach f-Moll – ein dramatischer Dreh mit eindeutig romantischem Gestus.
    10 February 2024, 9:05 am
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