Politik bedeutet schon immer Probleme anzugehen. Aber das dritte Jahrtausend braucht neue Lösungen. Diese stellen Tanja Hille & Vincent Venus im Y Politik-Podcast vor – nicht neutral, niemals perfekt und doch immer optimistisch. Damit Du nicht nur mit neuen Gedanken aus der Folge gehst, kriegst Du jedes Mal noch was Handfestes zum Mitnehmen: von Alternativen zum Wahl-o-Maten, über den besten politischen Kinderfilm bis zu Deutsche Bahn-Hacks. Der Podcast für alle, die Helmut Schmidts Spruch “Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen” für genau so blöd halten, wie er später auch.
Vielen Dank, dass du Y Politik gehört hast. Das ist wohl die letzte Folge unseres Herzensprojekts. Darin betrachten wir, was sich seit unserer ersten Folge 2017 verändert hat: in der Welt, in Deutschland – und bei uns selbst. Und ein paar Einblicke hinter die Podcast-Produktion gibt es oben drauf.
Die Europäische Union verliert an Einfluss in der Welt. Außenpolitisch ist sie ein Zwerg verglichen mit anderen Großmächten wie die USA oder China. Gleichzeitig verlangen grenzübergreifende Krisen wie der Klimawandel und mögliche Kriege in der europäischen Nachbarschaft nach einem gemeinsamen Vorgehen. Alle Mitgliedstaaten der EU sind sich jedoch selten einig und jeder einzelne Mitgliedstaat kann mit seinem Veto Beschlüsse blockieren.
Deswegen geht es in Folge 69 um die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips im Rat der Europäischen Union. Wir zeigen, warum die Abschaffung des Vetos so wichtig ist, was eine bessere Regelung wäre und mit welcher einfachen Maßnahme ihr dafür sorgen könnt, dass die EU zukünftig mit einer Stimme spricht.
Hier mithelfen, das Blockadeprivileg der Nationalstaaten abzuschaffen.
Das Problem ist, dass die Europäische Union in der Welt selten geschlossen auftritt. Die AußenministerInnen und RegierungschefInnen der großen Länder in der EU haben einzeln immer noch mehr Gewicht als die EU als Machtblock. Das liegt vor allem an den politischen Spielregeln. Denn um einen Beschluss in der Außenpolitik zu fällen, müssen alle 27 Mitgliedstaaten diesem zustimmen. Falls nur ein Land dagegen ist, passiert nichts mehr.
In der Praxis bedeutet das: Die EU hat fast 450 Millionen Einwohner. Wenn die Regierung von Malta sich querstellt, dann kann diese “Macht” von 475.000 Menschen (weniger EinwohnerInnen als Bremen / 0,1 % der EU-Gesamtbevölkerung) alles blockieren. Dieses Einstimmigkeitsprinzip gilt auch bei anderen Politikbereichen wie den EU-Finanzen, der Besteuerung, dem Sozialschutz und Bürgerrechten.
Die Lösung liegt nahe: das Einstimmigkeitsprinzip komplett abschaffen und ersetzen mit einem Wahlverfahren, dass in vielen anderen Politikfeldern verwendet wird: das qualifizierte Mehrheitsrecht. Qualifizierte Mehrheit bedeutet:
Das stellt zum einen sicher, dass große Länder nicht von kleinen Ländern zu etwas gezwungen werden können, weil ja 65 % der Bevölkerung repräsentiert sein müssen und zum anderen viele kleine Länder sich gegen eine Übermacht weniger großer Länder wehren können.
Alle EU-Mitgliedstaaten für die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips zu gewinnen, ist jedoch schwierig. Denn für die Abstimmung darüber gilt das Einstimmigkeitsprinzips ja noch. Das heißt, wenn nur ein Land ein Veto dagegen einlegt, kann kein neues Entscheidungsverfahren eingeführt werden.
Die gute Nachricht ist: es gab lange nicht mehr so viele progressive Kräfte, die sich für eine derartige Reform einsetzen wie aktuell. Zum Beispiel fordert die neue Bundesregierung in Deutschland in ihrem Koalitionsvertrag die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzip in der Außenpolitik. Im Europaparlament gibt es ebenfalls dafür Unterstützung, z.B. vom Fraktionschef der Konservativen, Manfred Weber.
Die Zeichen stehen gut, was fehlt also noch? Eine gesamteuropäische Dynamik, die das Vorhaben unterstützt, dieses immer wieder auf die politische Agenda setzt und so die Forderung nach der Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in Verhandlungen trägt. Auch dafür gibt es gerade eine besondere Gelegenheit, von der wir bereits berichtet haben: Die Konferenz zur Zukunft Europa. Diese tagt noch bis Mai und alle BürgerInnen der EU können sich online einbringen und beteiligen.
Ein Zusammenschluss verschiedener proeuropäischer Initiativen hat den Vorschlag zur Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips auf der Plattform eingebracht. Es braucht nur ungefähr 800 Stimmen, um die meist unterstützte Idee auf der Plattform zu werden. Damit kann man relativ sicher davon ausgehen, dass die Idee als meist-votiertes Ergebnis dem Vorstand und den Delegierten der Zukunftskonferenz vorgestellt wird und dieses in den offiziellen Abschlussbericht aufgenommen werden muss. Somit wäre das erste Ziel bereits erreicht: Die Abschaffung des Blockadeprivilegs ist auf der Agenda und wird verhandelt.
Unterstützt die Idee, das Einstimmigkeitsprinzip abzuschaffen, auf der Plattform der Konferenz zur Zukunft Europas!
Wenn ihr an das Jahr 2021 denkt, dann fallen euch bestimmt die Corona-Pandemie, die Hochwasser-Katastrophe und das Chaos in Afghanistan ein. Das sind nur drei Beispiele von vielen Ereignisse, die uns von Y Politik ziemlich zermürbt haben.
Deswegen haben wir uns auf die Suche nach positiven Nachrichten aus 2021 gemacht – und sind fündig geworden. In Folge 68 stellen wir euch vier Entwicklungen vor, die Vieles zum Besseren verändern können.
2021 haben einige sehr reiche Menschen in Deutschland und Österreich einen offenen Brief veröffentlicht, in dem sie fordern, endlich stärker besteuert zu werde. Auch während der Bundestagswahl in diesem Jahr haben sie sich dafür bei der neuen Regierung eingesetzt.
Auf der Seite der Initiative taxmenow kann man die Argumente und Forderungen der 52 vermögenden Menschen nachlesen sowie die vollen Namen von 24 der Beteiligten. TaxMeNow will unter anderem die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, eine strengere Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie ein striktes Vorgehen gegen Steuerhinterziehung. Wenn ihr das unterstützen wollt, unterschreibt die Petition.
Ein weiteres Indiz dafür, dass sich gerade etwas verändert beim Thema Ungleichheit, ist ein Projekt, das ebenfalls Menschen mit viel Geld anspricht, die Gutes tun wollen. bcause will eine Plattform aufbauen mit dem Ziel, “dass es genau so viele Möglichkeiten gibt, mit Geld Gutes zu tun, wie damit eine Rendite zu erzielen”.
Malaria ist eine Krankheit, die jedes Jahr sehr vielen Menschen das Leben kostet – in Europa kriegen wir das nur nicht so mit. Zum Vergleich: An Corona sind 2020 mindestens drei Millionen Menschen gestorben und die ganze Welt hat das Virus bekämpft. Durch Malaria sterben in sieben Jahren genauso viele Menschen und davon sind fast zwei Drittel Kleinkinder.
Nach über 30 Jahren in der Entwicklung gibt es nun einen Impfstoff gegen Malaria: “RTS,S”, Handelsname “Mosquirix”, der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Kinder empfohlen wird. Auch wenn der Impfschutz nur bei ca. 30 Prozent liegt, können damit jedes Jahr Zehntausende gerettet werden.
Der Vergleich Corona zu Malaria zeigt allerdings ein großes Problem auf: Forschungsgelder in der Medizin fließen vor allem in die Bekämpfung von Krankheiten in reichen Ländern, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs. Parasiten- und Infektionskrankheiten wurden lange deutlich weniger erforscht, weil davon eher arme Länder betroffen sind. So wurden 2020 mehr als 14 Milliarden Euro in die Corona-Forschung gesteckt. Gegen Malaria hingegen wurden 2016 beispielsweise weniger als 4 Milliarden investiert.
Auch wenn der Coronavirus viel Leid gebracht hat, hatte seine Bekämpfung positive Nebenwirkungen. Die Pharmafirma Biontech hat angekündigt, dass mit der gegen Corona eingesetzten mRNA-Technologie ein Malaria-Impfstoff entwickelt wird, der eine hohe Wirksamkeit haben könnte. Erste Studien sollen bereits 2022 starten.
In den Y Politik-Folgen haben wir schon oft von privaten Organisationen und Projekten erzählt, die politische Innovationen fördern: JoinPolitics vergibt Startkapital an politische Talente, BrandNewBundestag fördert eine neue Generation von PolitikerInnen, ProjectTogether gestaltet politische Innovationsprozesse wie WirVsVirus und UpdateDeutschland.
Die gute Nachricht 2021 ist, dass diese Initiativen aus der Zivilgesellschaft endlich Teil des Regierens werden. Zumindest kann man das aus dem Ampel-Koalitionsvertrag herauslesen.
Dort steht, dass eine “Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI)” gegründet werden soll, um soziale und technologische Innovationen zu fördern. Es geht der neuen Regierung darum, einen “erfolgreichen Aufbruch in ein Innovationsjahrzehnt”, “Innovationskraft in den Regionen” und “überregionale Innovationsökosysteme” zu stärken. Wenn das gut umgesetzt wird, kann die Politik zum Förderer und Treiber politischer Innovationen werden.
2021 hat ein neuer Wettlauf ins Weltall seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden. Nicht wie im Kalten Krieg zwischen zwei Staaten, sondern zwischen drei Milliardärs: Elon Musk von Tesla bzw. Space X gegen Richard Branson von Virgin gegen Jeff Bezos von Amazon.
Dabei ist Elon Musks Ziel den Mars zu besiedeln und dafür wiederverwertbare Raketen zu entwickeln. Richard Branson und Jeff Bezos setzen auf Weltraumtourismus, sodass reiche Menschen mit ihrem extravaganten Tourismus die weitere Entwicklung und Forschung finanzieren würden, um z.B. umweltschädliche Industriezweige in den Weltraum zu verlegen.
Es gibt mindestens zwei Gründe, warum nicht nur reiche Männer, sondern die gesamte Menschheit davon profitieren könnte: Erstens wäre eine Mars-Besiedelung eine Inspirationsquelle, ein gemeinsam erlebtes, positives Jahrhundert-Ereignis, eine Erfahrung, die uns als Menschheit zusammenschweißt und wieder daran glauben lässt, dass scheinbar Unmögliches möglich ist. Ähnlich wie die Mondlandung, die 1969 etwa 650 Millionen Menschen gesehen haben.
Zweitens ermöglicht das Wettrennen ins Weltall Technologie-Fortschritte in einem enormen Tempo. Schon von der Apollo-Mission haben viele “NormalbürgerInnen” profitiert. Beispielsweise wurden für sie wiederaufladbare Batterien entwickelt, die heute in Hörgeräten verbaut sind. Auch im Bereich der Biotechnologie wird dadurch Neues möglich sein. 2026 soll die erste bemannte Mission zum Mars starten. Vielleicht blicken wir dann auf 2021 zurück und sagen: das Jahr war der Durchbruch!
Statt einer regulären Podcast-Folge gibt es dieses Mal sieben Empfehlungen von (Politik-)Podcasts und YouTube-Formaten von Vincent. Das Ganze als guter Mix zwischen nah dran und großer Blick sowie ernst und unterhaltsam.
Drei Jahre lang hat ein ARD-Filmteam SPD-Politiker Kevin Kühnert begleitet. Nichts des Gezeigten ist wirklich spektakulär – ok, bis vielleicht auf eine Szene – aber die Gesamtschau ist es allemal. So nah dran lassen Politikerinnen und Politiker normalerweise niemanden mit einer Kamera.
Meine Freundin ist Politikerin und ich hätte ihr von so einer Aktion auf jeden Fall abgeraten.
Die Dokumentation hat sechs Folgen und ist insgesamt circa drei Stunden lang. Mein Fazit: nirgendwo sonst seht ihr so anschaulich, was es bedeutet, Politiker zu sein.
"Kevin Kühnert und die SPD" findet ihr in der ARD-Mediathek.
Meine zweite Empfehlung beschäftigt sich ebenfalls mit einer Person: Der Podcast “Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen” versucht herauszufinden, wie Ken Jebsen von einem gefeierten Berliner Radiomoderator zum Sprachrohr für Schwurbler und Verschwörungserzählern wurde.
Ich habe als Schüler selbst sehr gerne Ken Jebsen bei Radio Fritz gehört, weil seine Show anders war, als alles, was ich sonst kannte. Nun seinen Niedergang nachzuvollziehen zu können, das war ein krasser Ritt.
Der Podcast ist mit das Beste, was in Deutschland je in Sachen Podcast produziert wurde. Und er betrachtet Ken Jebsen als ein Teil, das für eine größere Entwicklung steht. Es geht also nicht nur um seine Person.
Cui Bono findet ihr in der ARD-Audiothek und überall wo es Podcasts gibt.
Ebenfalls extrem gut erzählt ist der Podcast “Wirecard: 1,9 Milliarden Lügen”.
Ich hatte mich bis zum Hören des Podcasts vor dem Thema Wirecard gedrückt. Finanzkram klingt immer so dröge. Aber diese – wahre – Geschichte ist ein richtiger Thriller. Sogar Geheimdienste kommen vor. Ich wette nen Zehner, dass die Geschichte eines Tages auch verfilmt werden wird. Bis dahin, hört den Podcast!
“Wirecard 1,9 Milliarden Lügen” findet ihr nur auf Spotify.
Letzter Tipp zu politischen Themen: “Steuerung F”, geschrieben “STRG F”, ist ein YouTube-Kanal von einem Investigativ-Team des Norddeutschen Rundfunks.
Die Journalistinnen und Journalisten schauen sich so ziemlich jedes Thema an, bei dem etwas schief läuft:
Ihr hört es: sehr breite Themen in meistens etwa 20- bis 30-minütigen Videos. Schau ich immer beim Mittagessen, wenn ich niemanden zum Quatschen habe.
Steuerung F findet ihr auf YouTube.
Empfehlung fünf geht Richtung Wissenschaft: “Die Quarks Science Cops” verhaften wissenschaftlichen Unfug. Das bedeutet: sie stellen eine Behauptung vor, die jemand aufgestellt hat, untersuchen die Fakten und buchten Lügner ein – natürlich im übertragenden Sinne.
Ich habe schon eine Menge gelernt, z.B. warum Atomkraft eigentlich doch eine gute Idee sein könnte, wie es Bill Gates behauptet, am Ende aber eben doch nicht ist. Oder warum Verschwörungen rund um den 11. September einfach falsch sind.
Die Quarks Science Cops findet ihr in der ARD-Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt.
Empfehlung 6 ist meine Perle: “Kurzgesagt – Dinge erklärt” ist ein YouTube-Kanal. Und es ist der Grund, warum ich immer wieder große Augen kriege – und ja, auch schon mal ein Tränchen vergossen habe.
Kurzgesagt veröffentlicht animierte Videos mit süßen Vögeln zu naturwissenschaftlichen Phänomenen, den existentiellen Fragen des Menschseins – und manchmal auch weirden Ideen.
Als Beispiel drei Folgentitel zu jeweils einer dieser Kategorien:
Ich lieb’s.
Kurzgesagt findet ihr auf YouTube.
Letzte Empfehlung, und jetzt wird es noch weirder: “Wer nicht fragt, stirbt dumm”. Die YouTube-Serie stellt sehr … interessante Fragen – und beantwortet sie in nur 3 Minuten.
Das Ganze ist gut recherchiert, und völlig überdreht erzählt im Comic-Stil. Das ist diese Art von Humor, die in den USA niemals ein öffentlicher Sender produzieren könnte. Ja, die Serie ist französisch (mit deutscher Übersetzung) und ja, sie ist manchmal sehr anzüglich.
Beispiel-Folgen:
Ihr seht, wohin die Reise geht.
“Wer nicht fragt, bleibt dumm” findet ihr auf Arte.tv und auf YouTube.
Wie wir in unserer Demokratie Macht organisieren, hat sich seit Kaisers Zeiten kaum gewandelt: Parteien waren und sind der Ort der Willensbildung. Dabei haben sich die Strukturen und Arbeitsweisen großer Parteien in den letzten hundert Jahren nicht groß verändert. Mit zwei Gästen besprechen wir, wie eine Partei im Jahr 2021 aufgebaut sein sollte:
Der Theoretiker: Hanno Burmester. Hanno ist als Organisationsberater Experte für die Transformation von Mensch, Organisation und Gesellschaft. Mit Clemens Holtmann zusammen hat er dieses Jahr ein Buch veröffentlicht: “Liebeserklärung an eine Partei, die es nicht gibt. Warum wir Politik radikal neu denken müssen”.
Die Praktikerin: Rebekka Müller. Rebekka war bei der Bundestagswahl 2021 die Spitzenkandidatin der jungen Partei Volt. Nach einem wirtschaftswissenschaftlichen Studium und Erfahrungen in der Unternehmensberatung und in Start-ups hat sie sich mit 32 Jahren voll und ganz der Politik verschrieben.
Die Bundestagswahl ist nur wenige Wochen her. Natürlich mussten wir Hanno Burmester und Rebekka Müller in der Podcast-Folge fragen, wie sie auf das Wahlergebnis schauen und was es für sie bedeutet. Insgesamt haben 8,6 Prozent aller Menschen, die gewählt haben, sich für eine kleine Partei entschieden, die nicht in den Bundestag eingezogen ist (Sonstiges). Die neue paneuropäische Partei Volt hat insgesamt 0,4 Prozent der Zweitstimmen für sich gewinnen können.
Keine neue Partei hat es in den Bundestag geschafft. Auch das Ergebnis von Volt liegt unter den Erwartungen der Partei. Sie waren mit neuen Parteistrukturen, Mitmach-Möglichkeiten und einem europäischen Ansatz in den Wahlkampf gezogen.
Auch wenn Volt seine Ziele verfehlt hat, ist der Bedarf an neuer Politik groß. Probleme, die Hanno und Rebekka in den Strukturen der traditionellen Parteien sehen, sind u.a. die Problemorientierung, der Fokus auf Missionierung statt Dialog, die analoge Arbeitsweise, hierarchische Strukturen, die Distanz zu nicht engagierten Menschen und eine Begrenzung auf den nationalen Raum.
Mit Hanno und Rebekka haben wir die Partei der Zukunft durchgesprochen. Was sind die Erfolgsfaktoren und wichtigen Hebel, um zukunftsfähig aufgestellt zu sein und was gibt es bereits in der Praxis? Wie kann man die theoretischen Erkenntnisse in tatsächliche Parteiarbeit übersetzen?
Wir besprechen das an zwei konkreten Szenarien der Partei der Zukunft:
Antworten darauf hört ihr von Rebekka Müller und Hanno Burmester in der Folge.
+++Schaut mal bei ZusammenZukunft rein!+++
Wir ziehen Bilanz, ob #DieseJungeLeute der Generation Y und Z die Bundestagswahl 2021 gewonnen haben. Und tatsächlich: es schaut danach aus!
Was der Einzug vieler junger Abgeordneter bedeutet und was sich jetzt nach der Ära Merkel ändern könnte, das besprechen wir in dieser Sonderfolge.
Sonderfolge deswegen, weil wir ein Insta Live mit dem Kanal ZusammenZukunft aufgenommen haben. ZusammenZukunft ist ein Account der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, bei dem das Engagement, die Visionen und Themen junger Menschen im Vordergrund stehen. Für die Initiative hat Miriam am 30. September mit uns eine knappe halbe Stunde auf das Ergebnis der Bundestagswahl zurückgeblickt.
+++Auf ZusammenZukunft könnt ihr diese Folge auch direkt angucken.+++
47 Parteien wollen in den Bundestag: von etablierten wie der CDU über Newcomer wie Volt bis zur skurrilen wie der ökoanarchistischen Bergpartei. Ganz gleich ist der Weg ins Parlament für diese Parteien allerdings nicht. Parteien, die bereits im Bundestag sitzen, genießen einige Vorteile gegenüber kleinen und neuen Parteien. Wir diskutieren, welche Hürden man als eine nicht-etablierte Partei nehmen muss und wie fair diese sind. Brauchen wir ein neues Wahlsystem?
+++ Diskutiert die Folge auf unserer Webseite. +++
Welche Parteien bei der Bundestagswahl antreten dürfen, entscheidet der Bundeswahlausschuss. Voraussetzung dafür bei neuen Parteien ist, dass sie die Kriterien für eine Parteigründung erfüllen.
Doch wer sitzt in diesem Wahlausschuss und prüft die Kriterien? Den Vorsitz hat der oder die BundeswahlleiterIn. Diese Position wird vom Bundesinnenministerium ernannt, kann also von der Politik beeinflusst werden.
Der Vorsitz bestimmt wiederum acht BeisitzerInnen. In der Praxis schlagen die Bundestagsfraktionen vor, wer BeisitzerIn werden soll. Die aktuelle Zusammensetzung: drei Personen von CDU/CSU und ein von den anderen Fraktionen inklusive AfD. Der Ausschuss ist also nicht neutral (Bundeswahlgesetz), sondern politisch besetzt.
Ein Beispiel für mögliche Interessenskonflikte: Bundeswahlausschuss-Mitglied Georg Pazderski ist AfD-Fraktionsführer im Berliner Parlament und selbst Bundestagskandidat bei dieser Wahl. Trotzdem entscheidet er darüber mit, welche konkurrierende Parteien zur Wahl zugelassen werden.
Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hat die Problematik in einem Bericht 2009 festgestellt. 2013 gab es deswegen eine erste Reform: Zwei RichterInnen vom Bundesverwaltungsgericht sind seitdem ebenfalls Mitglied im Bundeswahlausschuss; abgelehnte Parteien können nun gegen die Entscheidung klagen. Das ist auch nötig: 2021 wurde die Deutschen Kommunistischen Partei erst nach ihrer Klage für die Bundestagswahl zugelassen.
Damit BürgerInnen von neuen und kleinen Parteien erfahren, müssen diese auf sich aufmerksam machen. Aber Wahlkampf ist teuer. Beispielsweise hat die Bundesebene der Union 2017 knapp 30 Millionen Euro ausgegeben. Von solchen Beträgen können Kleinparteien nur träumen.
Woher erhalten die Parteien ihr Geld? Ihre Einnahmen setzen sich meistens zusammen aus:
Im Jahr 2019 wurden insgesamt 194 Millionen Euro an die Parteien aus Steuermitteln ausgeschüttet. Davon ging fast alles (97 Prozent) an die etablierten Parteien, die im Bundestag vertreten sind. Die übrigen 21 Parteien mussten sich drei Prozent aufteilen. Um die Unterschiede zu verdeutlichen: während die SPD 55.000.000 Euro erhielt, gab es für die Tierschutzallianz 19.000 Euro.
Wie die Parteienfinanzierung genau funktioniert, erläutert dieser Artikel zur Formel für die staatliche Parteienfinanzierung. Darin besonders wichtig ist der Faktor Wählerstimmenanteil: für jede erhaltene Stimme in den letzten Wahlen erhalten Parteien Geld: die ersten vier Millionen Stimmen der letzten Bundes- Europa und Landtagswahlen bringen 1 Euro und 3 Cent. Für jede weitere Stimme gibt es 85 Cent. Das ist ein Unterschied von nur 17 Prozent.
Für mehr Chancengleichheit zwischen kleinen und großen Parteien im Wahlkampf wäre es fairer, wenn kleine Parteien mehr finanzielle Unterstützung erhalten. Denn kleine Parteien haben überall sonst Nachteile (Beispiele: wenig mediale Berichterstattung, wenig Hauptamtliche, schlechter Platz auf dem Wahlzettel).
Mehr Chancengleichheit gäbe es mit einer feineren Staffelung. Beispielsweise:
Damit würden die ersten Stimmen deutlich wertvoller werden. Kleinere Parteien erhielten relativ mehr Geld und könnten damit ihre Strukturen aufbauen. Gleichzeitig würden auch die größeren, staatstragenden Parteien weiter unterstützt werden.
Der Wahlzettel zur Bundestagswahl ist lang und mehrfach gefaltet. Die Parteien oben auf dem Stimmzettel sind präsenter als Parteien unten und dadurch etwas bevorteilt. Denn immerhin ungefähr jedeR siebte WählerIn entscheidet sich erst am Wahltag und einige davon sogar erst im Wahllokal.
Wie kommt die Reihenfolge zu Stande? Oben aufgeführt werden Parteien, die bereits im Parlament sitzen, sortiert nach ihrem letzten Wahlergebnis der Zweitstimmen. Anschließend kommen alle anderen Parteien alphabetisch geordnet.
Dieser leichte Vorteil für etablierte Parteien könnte umgangen werden, indem man – wie bei wissenschaftlichen Umfragen – die Antwortmöglichkeiten (= Parteinamen) zufällig anordnet (randomisiert). Auf diese Weise würden BürgerInnen wenigstens einmal die Namen der Kleinparteien wahrnehmen.
Bei der Bundestagswahl gilt die Fünf-Prozent-Hürde. Das heißt, dass eine Partei mindestens fünf Prozent aller abgegebenen Zweitstimme erhalten muss, um ins Parlament einziehen zu dürfen. Das ist für die etablierten Parteien kein Problem, aber eine besondere Hürde für neue und kleine Parteien.
Der Vorteil einer Mindestanzahl an Stimmen ist, dass sie eine Zersplitterung des Parlaments in Mini-Fraktionen verhindert. Diese Regel steigert die Stabilität im Parlament und erleichtert Regierungsmehrheiten. Abschreckendes Beispiel: Die Niederlande haben keine Mindesthürde – und deswegen seit einem halben Jahr keine Regierung.
Auch wenn die Fünf-Prozent-Hürde Vorteile hat, benachteiligt sie eindeutig kleine Parteien. Wenn man die Hürde beibehalten möchte, aber kleinen Parteien eine fairere Chance geben möchte, könnte das Wahlverfahren geändert werden.
Alle Wahlverfahren haben Nachteile. Schaut euch dieses unterhaltsame Erklärvideo an, in dem Mondbewohner für eine neue Basis abstimmen müssen. Aber sie haben auch Vorteile. Für die Bundestagswahl böten sich zwei alternative Wahlverfahren an:
Die Zweitstimme würde abgeschafft werden (was alle Probleme mit Überhang- und Ausgleichsmandaten beseitigt und die örtliche Repräsentanz von Abgeordneten steigert). Stattdessen würde man nur noch direkt den oder die KandidatIn im eigenen Wahlkreis wählen. Erreicht er oder sie in der ersten Runde eine absolute Mehrheit (über 50 Prozent) ist die Person gewählt. Ansonsten gibt es eine zweite Wahlrunde. In dieser dürfen die KandidatInnen mit wenigen Stimmen (zum Beispiel unter fünf oder unter zehn Prozent) nicht mehr antreten.
Dieses System erlaubt es den WählerInnen, in der ersten Runde für ihre wahre Vorliebe zu stimmen. Sollte diese Partei es nicht schaffen, kann in der zweiten Runde strategisch gewählt werden. Beispiel: in der ersten Runde Volt wählen (die es nicht schaffen) und in der zweiten Runde SPD, um einen CDU-Abgeordneten zu verhindern.
Statt nur eine Partei zu wählen, könnte man auch auch seine Vorlieben durchnummerieren. Schafft es die Lieblingspartei nicht über die Hürde, dann wird die eigene Stimme an Platz zwei weitergegeben. Schafft auch dieses es nicht, dann an Platz drei und so weiter.
Beispiel: Auf Platz 1 Die Humanisten setzen, auf Platz 2 Die Piratenpartei, auf Platz 3 die Grünen. Weil es die ersten beiden Parteien nicht über die Hürde schaffen, ginge die Stimme an die Grünen. Im Vergleich zu unserem jetzigen System würden kleine Parteien sehr viel mehr Stimmen erhalten, weil WählerInnen darauf hoffen können, dass es ihre Lieblingspartei vielleicht doch schafft.
Dieses System garantiert, das nie eine Stimme verloren geht. Es ist aber ziemlich kompliziert. Verrückt ist es aber nicht: in Bremen wird ein ähnliches System mit mehreren Stimmen bereits angewendet (per Panaschieren und Kumulieren) und auch in Irland geben BürgerInnen mehrere Vorlieben ab.
Zugabe
Na, was kam bei dir im Wahl-O-Mat raus? Deine Lieblingspartei – oder doch eine Überraschung? Das Wahlentscheidungshilfe-Programm hat sich zum Info-Star vor Wahlen entwickelt. Fast 16 Millionen Mal wurde es bei der letzten Bundestagswahl genutzt. 2021 könnte dieser Rekord gebrochen werden.
Doch mittlerweile hat das Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung Konkurrenz bekommen. Elf Alternativen des Wahl-O-Maten haben wir uns in dieser Podcast-Folge angeschaut. Viele davon gehen in ausgewählten Themen deutlich tiefer – und ein Angebot bietet sogar bessere Funktionen als das Original.
[Kommentiere die Folge hier.]
Auf der digitalen Plattform wahl-o-mat.de positioniert man sich zu 38 politischen Aussagen: man stimmt ihnen zu, lehnt sie ab oder enthält sich. Positionen, die einem besonders wichtig sind, kann man doppelt gewichten.
Am Ende wird die eigene Meinung verglichen mit den Antworten der Parteien. Das Ergebnis sagt einem nicht, wen man wählen soll, aber es kann einem bei der Wahlentscheidung helfen.
Hier findest du häufige Fragen zum Wahl-O-Maten der Bundeszentrale für politische Bildung.
Um eine informierte Wahlentscheidung zu treffen, kommst du nicht drumherum, dich mit den Inhalten und Positionen der Parteien auseinander zu setzen. Doch das kann viel Zeit in Anspruch nehmen und einen schnell überfordern: wo soll man nur anfangen? Digitale Tools wie die Wahl-O-Maten können eine Hilfe sein, sich in den Themen und der Parteienvielfalt zu orientieren.
Wahl-O-Maten können aber auch noch weitere Ziele verfolgen: Sie machen zum Beispiel aufmerksam auf bestimmte Themen während des Wahlkampfes (sogenanntes Agendasetting). Einige politische Initiativen, Nichtregierungsorganisationen und Lobbyverbände bringen daher eigene, monothematische Wahl-O-Maten auf den Markt. Diese sind teilweise sehr gut aufbereitet. Du solltest dir jedoch bewusst machen, wer dahinter steckt und was deren Interessen sein könnten.
Alle Wahl-O-Maten weisen auch generell auf die Wahl hin und ermutigen die Bürgerinnen und Bürger, ihre Stimme abzugeben. Es sind verspielte Angebote (Gamification), die auch Spaß machen. Sie zeigen, dass die Auseinandersetzung mit Politik nicht immer trocken und anstrengend sein muss.
Hier im Artikel haben wir dir Wahlentscheidungshilfen, die ähnlich wie der Wahl-O-Mat funktionieren, kurz zusammengefasst. Höre die Folge, um zu erfahren, welche Vor- und Nachteile die von uns untersuchten Programme haben.
Finde heraus, ob du die die AfD wählen sollst. Die Antwort wird dich (nicht) überraschen.
Der Musikstreaming-Dienst Deezer verrät dir im Musik-O-Mat, mit welcher Partei dein Musikgeschmack übereinstimmt und macht damit auf die Wahl aufmerksam.
Der Klimawahlcheck vergleicht deine Einstellung zur Klimaschutzpolitik mit denen der großen Parteien. Das Angebot ist von drei großen Umwelt- und Klimaschutzorganisationen ins Leben gerufen worden: Klima-Allianz Deutschland, GermanZero und NABU.
Ein Tool, das die Stellen in den Wahlprogrammen zu bestimmten digitalpolitischen Themen heraussucht und markiert. Vergleichen musst du dann selbst. Dieses Angebot betreibt das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft in Kooperation mit dem Leibnitz Institut für Medienforschung.
Ein feministischer Wahl-O-Mat, der aufzeigt, welche Parteien sich wirklich für Gleichberechtigung einsetzen. Dahinter steckt eine junge feministische Initiative.
Ein Angebot der Diakonie mit dem Fokus auf sozialen Fragen, um herauszufinden, welchen Stellenwert Sozialpolitik und das gesellschaftliche Miteinander für die Parteien haben. Dabei wird an den Geschichten von Menschen gezeigt, welche Auswirkungen politische Entscheidungen haben können.
Hier kann man berechnen lassen, wie sich die Steuerpläne der Parteien auf einen selbst auswirken werden anhand von 3-4 Faktoren. Die Website ist vom Dienstleister Smartsteuer, einem Online-Steuererklärungs-Tool, und dem Institut der deutschen Wirtschaft erstellt worden.
Die Redakteure und Redakteurinnen des Mediums agrarheute haben 24 Thesen zusammengestellt, mit Hilfe derer man herausfinden kann, welche Partei der eigenen agrarpolitischen Position am nächsten steht: ein Wahl-O-Mat für Bauern.
2002 hat die Bundeszentrale für politische Bildung ihren Wahl-O-Maten das erste Mal veröffentlicht. Es ist der renommierteste der Wahlentscheidungshilfen und mit einem sehr aufwändigen Verfahren erstellt worden. In diesem Jahr werden in 38 Thesen 39 Parteien miteinander verglichen.
Der WahlSwiper möchte mit dem Tinderprinzip überzeugen, bei dem man politische Thesen je nach Zustimmung oder Ablehnung nach rechts oder links wischt. Besonders hilfreich sind jedoch die kurzen Erklärvideos zu den 36 Thesen. Das haben wir bei den anderen Angeboten nicht gesehen. Wir meinen daher: eine echte Alternative für das Original!
Auch hier positioniert man sich zu 30 Thesen mit Zustimmung oder Ablehnung. Besonders ist die Auswertung und Darstellung der eigenen und der Parteipositionen in einem Diagramm mit zwei Achsen: Ein von progressiv-ökologisch bis konservativ-traditionell und die andere von Umverteilung bis eigene Verantwortung. Man erkennt den wissenschaftlichen Hintergrund in der Entstehung: der Wahl-Kompass beruht auf einem Forschungsprojekt der Universität Münster.
Während alle bisherigen Wahl-O-Mat-Alternativen in die Zukunft blicken, schaut DeinWal in die Vergangenheit: Statt Wahlprogramme oder Parteiantworten miteinander zu vergleichen, erfasst das Programm, wie die Parteien im Bundestag in der Vergangenheit abgestimmt haben. Du kannst dann diese Abstimmungen nachspielen und schauen, welche Bundestagsfraktion deinem Abstimmungsverhalten ähnelt. Das ist eine coole Idee, die aber auch große Einschränkungen hat, wie wir in der Podcast-Folge erläutern.
Schau dir auch unsere Folge 63 an. In dieser beantworten wir die Frage, wie man systematisch eine Wahlentscheidung trifft.
Du musst dich zwischen 47 Parteien entscheiden, die am 26. September 2021 für die Bundestagswahl antreten. Die Frage zu beantworten, wen man wählen soll, kann ganz schön überfordern. Viele Menschen entscheiden sich deswegen aus dem Bauch heraus. Wenn du wissen willst, wie du eine rationale Entscheidung treffen kannst, dann höre in diese Folge rein. Denn darin präsentieren wir vier Schritte, um zu einer Wahlentscheidung zu kommen, die du im Nachhinein nicht bereust.
[Kommentiere die Folge hier.]
Eine Entscheidung bei einer Wahl zu treffen, ist eine komplexe Angelegenheit und Wähler:innen verfolgen verschiedene Strategien (bewusst oder unbewusst), um ihr Kreuz in der Wahlkabine zu setzen. Oftmals greifen sie dabei auf Heuristiken zurück. Das sind psychologische Abkürzungen, um schnelle Entscheidungen in einem unübersichtlichen Umfeld zu treffen. Heuristiken können so etwas sein wie:
Wer also eine bewusste und abgewogene Entscheidung treffen möchte, sollte sich seiner oder ihrer mentalen Abkürzungen und Schubladen im Kopf bewusst sein und aktiv daraus ausbrechen.
Viele wollen eine Partei wählen, die ihre Interessen vertritt. Dabei tappen sie schnell in die Falle, sich zu fragen, welche Partei die Eigeninteressen am besten vertritt. Also: Mit welcher Wahlentscheidung können sie das Meiste für sich persönlich herausschlagen?
Auch wenn das von vielen immer noch behauptet wird, sind wir Menschen keine rein rational nutzenmaximierenden Roboter. Viel wichtiger ist daher die Frage “was ist mir wichtig?” und “welche Partei setzt sich dafür ein?”
Dabei kann auch herauskommen, dass einem Rentner mit 80 Jahren das Aufhalten des Klimawandels am wichtigsten ist, obwohl er selbst vermutlich keine schlimmen Auswirkungen mehr spüren wird. Oder eine reiche Millionenerbin kann für höhere Steuern sein, weil sie will, dass die Kinder von Geringverdiener:innen in der Lage sein sollen, in eine vom Staat finanzierte Kita gehen zu können.
Natürlich kann man auch zu dem Schluss kommen, dass einem die Eigeninteressen die wichtigsten sind. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn man selbst nur schlecht über die Runden kommt und dringend weniger Steuern zahlen möchte.
Von 88 politischen Vereinigungen, die bei der Bundestagswahl antreten wollten und beim Bundeswahlleiter ihre Unterlagen eingereicht haben, sind 47 Parteien auf unseren Stimmzetteln gelandet.
Da kein Mensch alle diese Möglichkeiten gegeneinander abwägen kann, ist es sinnvoll, bereits vor dem inhaltlichen Vergleich die eigenen Optionen einzugrenzen und nur Parteien in Betracht zu ziehen, die eine realistische Chance haben, in den Bundestag einzuziehen, also die Fünf-Prozent-Hürde knacken könnten.
Wählt man eine Partei, die dies nicht schafft, hat man mit seiner Stimme keinerlei Einfluss auf die Sitzverteilung im Bundestag gehabt. Insbesondere bei Wahlen wie dieser 2021, bei der eine rechtspopulistische, in Teilen faschistische Partei in den Bundestag einzieht, ist es umso wichtiger, mit seiner Stimme Einfluss zu nehmen.
Nur so kann man jene Parteien im Bundestag stärken, die für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung einstehen und rechtspopulistischen Kräften entgegentreten. Gerade junge Menschen wählen häufiger Kleinparteien aus idealistischen Gründen und mit guten Absichten, aber im Endeffekt dann ohne etwas an der Regierungsbildung und Machtverteilung im Parlament verändert zu haben.
[Wir wissen, dass es für diesen Punkt auch Gegenargumente gibt. Wenn ihr widersprechen wollt, nutzt dafür gerne die Kommentarfunktion.]
In Schritt 4 sind wir an dem Punkt, an dem wir uns die Forderungen der Parteien anschauen müssen, um sie zu vergleichen. Dafür kann man unter anderem die Wahlprogramme jener Parteien lesen, die bei einem in der engeren Auswahl stehen.
Zwar weniger ausführlich, dafür deutlich schneller liefern technische Hilfsmittel einen Vergleich: der Wahl-O-Mat oder alternative Wahl-O-Maten könnt ihr ebenfalls nutzen. Diese vergleichen wir für euch in der kommenden Folge Y Politik, die wir am 6. September 2021 veröffentlichen.
Zugabe
Selbst die digitale Beantragung von Briefwahlunterlagen ist manchmal gar nicht so einfach, denn jede Gemeinde hat dabei ihr eigenes Verfahren und Online-Tool (im besten Fall). Bündnis90/Die Grünen haben dafür eine Suchmaschine zur Beantragung eines Wahlscheins entwickelt. Damit findet ihr schnell, ob und wo ihr digital eure Briefwahlunterlagen beantragen könnt. (Wir haben auch ein anderes Tool getestet, aber das der Grünen liefert euch schneller und übersichtlicher den richtigen Link zu eurer Gemeinde).
Was der Bundeswahlleiter genau prüft, erfahrt ihr auf der Bundeswahlleiter-Webseite. Die Entscheidung, welche Parteien zur Bundestagswahl zugelassen werden, trifft der Bundeswahlausschuss. Interessant: Im Ausschuss sitzen auch Mitglieder von Parteien und erst seit 2013 (!) können jene von diesem Gremium abgelehnten Parteien beim Bundesverfassungsgericht auf Zulassung klagen. Darum ist dieses Türsteher-Gremium des Bundestages für uns auch einen zweiten Blick wert und wir machen vielleicht mal eine Folge dazu.
Die Europäische Union will endlich ihre strukturellen Probleme angehen: die Konferenz zur Zukunft Europas hat begonnen. Das ist ein riesiger Beteiligungsprozess an dessen Ende eine neue EU-Verfassung stehen könnte. Und jeder kann dabei mitmachen. In dieser Folge machen wir das Experiment und reichen einen echten Vorschlag auf der Plattform der Zukunftskonferenz ein.
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An der Europäischen Union wird viel kritisiert: Pro-EuropäerInnen wollen strukturelle Missstände beseitigen, um die EU zu stärken und zu demokratisieren. Ihnen schwebt so etwas vor wie die Vereinigten Staaten von Europa. Das unterscheidet ihre Kritik auch von den EuroskeptikerInnen und NationalistInnen, die zwar auf ähnliche Probleme hinweisen, deren Lösung aber ‘Zurück zum Nationalstaat’ lautet.
Wir gehören zu den Pro-EuropäerInnen und sehen unter anderem diese Probleme:
In diesem Jahr bietet sich uns allen eine einmalige Gelegenheit, die Probleme in der EU anzugehen und Teil der Lösung zu sein. Bei der Konferenz zur Zukunft Europas können wir unsere Ideen einbringen.
Die Onlineplattform futureu.europa.eu ist der Ort für eine breite BürgerInnen-Beteiligung und ergänzt die anderen Bestandteile wie die europäischen Bürgerforen, die Plenarversammlung und den Exekutivausschuss. Gestartet ist die Konferenz am 9. Mai 2021 und endet mit der Abschlusssitzung der Plenarversammlung im Frühjahr 2022.
Wir haben in der Folge selbst einen Lösungsvorschlag auf der Plattform eingereicht:
Die EU soll einen permanenten digitalen Schüleraustausch unterstützen. Durch diesen würden jeweils zwei Schulklassen aus unterschiedlichen EU-Ländern über einen längeren Zeitraum auf einer Plattform zusammengebracht und im Unterricht mit digitalen Mitteln voneinander und miteinander lernen.
Der Vorteil gegenüber traditionellen Austauschfahrten liegt darin, dass ein konstanter Austausch hergestellt wird, wodurch das Sprachenlernen für die Lernenden viel relevanter wird.
Über den digitalen Austausch soll die Verbindung innerhalb Europas gestärkt werden und ein Schulaustausch auch jenen Kindern und Jugendlichen ermöglicht werden, die sonst nicht die Gelegenheit dazu hätten.
Unterstützt unsere Idee mit einem ‘Daumen hoch’ auf der Seite der Konferenz zur Zukunft Europas! (Und reicht gerne auch eigene Ideen ein).
Wir werden im Podcast berichten, wie es mit der Idee auf der Plattform weitergeht.
Mit Angela Merkel verlassen viele PolitikerInnen aus der Baby Boomer-Generation die politische Bühne zur Bundestagswahl am 26. September 2021. Wir haben für diese Folge mit jungen Kandidierenden und den Parteijugenden gesprochen, um herauszufinden, ob wir uns auf einen Bundestag der Erneuerung freuen können. Vieles deutet darauf hin, aber jüngere Abgeordnete allein reichen als Lösung nicht aus – es braucht eine Umstellung im Wahlsystem.
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Diese Folge ist in zweierlei Hinsicht eine besondere. Erstens, da wir sie live aufgezeichnet haben im Open Air Kino der 3001 Filmnächte im Schanzenpark in Hamburg am 11. Juli 2021. Zweitens haben wir Sprachnotizen von jungen BundestagskandidatInnen der fünf demokratischen Parteien im Bundestag eingeholt. Ihr hört Einschätzungen von:
Junge Menschen sind im Bundestag unterrepräsentiert. Dass die Altersverteilung problematisch ist, finden auch die jungen Kandidierenden und haben dafür auch einige Beispiele genannt: die Prioritäten während der Corona-Pandemie oder die schleppenden Maßnahmen gegen den Klimawandel. Nur jeder 12. Bundestagsabgeordnete war zu Beginn der Legislaturperiode 2017 unter 35 Jahre alt war. Der Anteil in der Gesamtbevölkerung laut Statistischem Bundesamt ist jedoch mehr als doppelt so hoch. Das heißt: Es fehlen 63 Jüngere im Bundestag.
Unsere These ist, dass junge PolitikerInnen eine neue Politik machen. Damit diese aufgeht, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:
Das ist erfüllt, wie wir über die Parteijugenden herausgefunden haben. Bei der SPD liegt der Anteil bei einem historischen Höchstwert mit 80 Direktkandidierenden unter 35 Jahren. Bei 299 Wahlkreisen ist das fast jeder vierte. Bei Die Linke ist es jeder fünfte und bei den Grünen jede siebte. Die Jungen Liberale schicken 79 Kandidierende ins Rennen, darunter sind allerdings auch welche, die auf Listenplätzen stehen. Deswegen sind die Zahlen nicht vergleichbar (Die Junge Union hat sich trotz Nachfrage nicht zurück gemeldet, deswegen fehlen ihre Angaben).
Die jungen Kandidierenden wollen vieles anders machen. In ihren Antworten sind es vor allem zwei Punkte, die ihnen wichtig sind: Zum einen die politische Kommunikation über soziale Medien und der direkte Kontakt mit BürgerInnen. Zum anderen sind sie parteiübergreifenden Bündnisse sehr aufgeschlossen, insbesondere unter jungen Abgeordneten. Damit versprechen sie einen konstruktiveren Ton, als es die Älteren in ihren Parteien vorleben.
Natürlich ist es aber nicht so einfach mit “jung gegen alt”. Einfach nur mehr junge Abgeordnete allein reichen nicht für eine Politik, die eine gesellschaftliche Erneuerung vorantreiben kann. Dafür sind auch Änderungen im System notwendig. Aus diesem Grund schlagen wir auch vor:
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