SWR2 Archivradio

Südwestrundfunk

Die BBC meldet Hitlers Tod, Clara Zetkin (KPD) spricht vom „zusammenbrechenden Kapitalismus“, die Apollo 13 startet und 2003 identifiziert der junge Christian Drosten das SARS-Virus – as SWR2 Archivradio macht Geschichte hör- und die Stimmung vergangener Jahrzehnte fühlbar.

  • 21 minutes 12 seconds
    Orkan Lothar: Jahrhundert-Sturm zum Jahrhundert-Ende | 27.12.1999
    Die Weihnachtstage gingen zu Ende, da kam am Sonntag, den 26. Dezember 1999, ein Orkan, der es in sich hatte. Lothar kam von Frankreich nach Süddeutschland und stürmte mit Geschwindigkeiten von mehr als 270 Stundenkilometern. Mehr als 100 Menschen starben in Frankreich, Deutschland und der Schweiz, die meisten durch umfallende Bäume. Der Verkehr stand still, Autobahnen waren gesperrt. Waldflächen in den Bergen wurden einfach umgeknickt. Baden-Württemberg hat es besonders getroffen. Kein anderer Sturm in Europa hat so hohen Schäden verursacht. Die SWR1-Sendung "Thema heute" fasst am 27. Dezember 1999 die Ereignisse zusammen. Nachdem der Orkan Lothar eine Schneise der Verwüstung durch Süddeutschland gezogen hat, stellen sich kritische Fragen: Warum hat der Deutsche Wetterdienst den Orkan Lothar nicht rechtzeitig erkannt und davor gewarnt? SWR1 fragt nach.
    22 December 2024, 1:27 pm
  • 3 minutes 26 seconds
    Bahn bietet Friseur im Zug an | 2.5.1989
    1989 gibt es noch keine ICEs. Bahnfahrten dauern entsprechend länger. Um den werten, effizienzorientierten Kundinnen und Kunden dennoch eine Zeitersparnis zu bieten, führt die Deutsche Bundesbahn einen neuen Service ein: den rollenden Friseursalon – Bahnfahren mit inklusivem Haareschneiden. Darüber berichtet der Süddeutsche Rundfunk am 2. Mai.1989. Doch das neue Angebot erweist sich als unrentabel und wird bald wieder eingestellt.
    19 December 2024, 7:00 am
  • 11 minutes 57 seconds
    Franz Xaver Schwarz zum Richtfest der NSDAP-"Parteibauten" | 3.11.1935

    NSDAP organisiert sich

    Die Jahre vor 1933 bezeichneten die Nazis, nachdem sie an die Macht gekommen waren, rückblickend gerne als "Kampfzeit“. Diejenigen, die sich in den 1920ern als Aktivisten betätigt haben, werden "alte Kämpfer“ genannt. Denn lange schien der Aufstieg der NSDAP unwahrscheinlich zu sein. Die Partei war nicht mehr als eine Splitterpartei, die mit schrillen Parolen lautstark und krawallbereit auf sich aufmerksam zu machen versuchte. Im Nachhinein betonten führende Funktionäre der Hitler-Partei die Entbehrungen dieser Phase, in der allerdings bereits eine stabile Organisation im Hintergrund vorhanden war.

    Reichsschatzmeister kümmert sich um Aufbau einer Geschäftsstelle

    Eines der besten Beispiele für einen Nazi der ersten Stunde, der hinter den Kulissen wirkt, ist Franz Xaver Schwarz. Hitler ernennt ihn 1925 zum Reichsschatzmeister der NSDAP. Schwarz bringt die Parteifinanzen ins Lot und kümmert sich um den Aufbau einer funktionierenden Geschäftsstelle. In dieser Ansprache vom 3. November 1935 blickt Schwarz auf diese Anfänge zurück. Es ist das Richtfest der sogenannten "Parteibauten“ in der Nähe des Münchner Königsplatzes: eine Gelegenheit von hohem Symbolwert für die Nazis.
    15 December 2024, 2:55 pm
  • 7 minutes 32 seconds
    Der "Euro" bekommt seinen Namen | 15.12.1995
    Das Geld, mit dem wir heute bezahlen, bekam 1995 seinen Namen. Vorher gab es die Einheit ECU. Das war aber nur eine Recheneinheit, man konnte mit ihr nicht bezahlen, schon gar nicht in Münzen und Scheinen. Es war der damalige Bundesfinanzminister Theo Waigel, der den Namen Euro vorgeschlagen hat. Am 15. Dezember 1995 verständigen sich auch die Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem Gipfel in Madrid schnell darauf. Nur beim Kleingeld sind sie sich noch nicht einig – und die Bürger fremdeln noch mit dem Namen.
    15 December 2024, 5:00 am
  • 3 minutes 20 seconds
    NATO-Doppelbeschlusss in Brüssel | 12.12.1979
    Ende der 1970er-Jahre kommt es zu neuen Spannungen im Kalten Krieg zwischen den Ländern des Warschauer Paktes und den NATO-Staaten. Der Westen fühlt sich durch die Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen in Osteuropa bedroht. Am 12. Dezember einigen sich die Außen- und Verteidigungsminister der NATO-Staaten in Brüssel auf den NATO-Doppelbeschluss – eine folgenreiche politische Entscheidung, die bei vielen Menschen die Angst vor einem neuen atomaren Wettrüsten schürt und einer der Treiber wird für die Friedensbewegung der 1980er-Jahre.
    12 December 2024, 3:00 am
  • 3 minutes 56 seconds
    Notre-Dame de Paris brennt | 15.4.2019
    Am Abend des 15. April 2019 brennt die berühmteste Kathedrale von Paris: Notre-Dame. Vor allem der Dachstuhl ist betroffen. Erst nach vier Stunden, etwa um Mitternacht, gelingt es der Feuerwehr, den Brand unter Kontrolle zu bekommen. Kurz darauf produziert SWR-Reporter Matthias Zahn seinen Bericht.
    8 December 2024, 9:32 am
  • 5 minutes 28 seconds
    Wiederaufbau von Notre-Dame – Forstleute spenden beste Eichen für Pariser Kathedrale | 13.3.2021
    Nachdem im April 2019 die Kathedrale Notre-Dame in Paris abgebrannt ist, läuft zwei Jahre später der Wiederaufbau auf Hochtouren. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten Forstleute, die Bäume spenden, um das Holz zu ersetzen. Die schönsten Eichen Frankreichs wachsen 200 Kilometer südwestlich von Paris – in einem einst königlichen Wald. Ehrensache für die Forstleute, sie für den Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen. Stefanie Markert war im März 2021 beim Fällen einer Eiche dabei.
    8 December 2024, 8:33 am
  • 9 minutes 24 seconds
    Willy Brandts Kniefall in Warschau – Livereportage | 7.12.1970
    7. Dezember 1970. Live-Bericht vom Besuch Willy Brandts im Warschauer Getto. Die Kranzniederlegung war geplant. Der Kniefall eine Überraschung. Gemessen daran, wie diese Geste später im Gedächtnis blieb, geht der Moment in der Reportage von Korrespondent Peter Schnell zügig vorbei. Es folgt die Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrages.
    7 December 2024, 6:00 am
  • 4 minutes 18 seconds
    Sigmund Freud über die Psychoanalyse und die Gründe seiner Flucht | 7.12.1938

    Repressionen gegen Juden nehmen zu: Freud verlässt 1938 Wien

    1938, nach einigem Zögern, entscheidet sich der 82-jährige Sigmund Freud (* 6. Mai 1856), seine langjährige Heimat Wien zu verlassen. Vorausgegangen ist der Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich im März 1938 – und die Folgen für Wiener Juden: zunehmend judenfeindliche Maßnahmen und unangemeldete Besuche von SA und Gestapo.

    Flucht über Paris nach London

    Aber die Flucht aus Österreich ist nicht einfach, Großbritannien und die USA müssen Druck machen, Freunde eine "Reichsfluchtsteuer" vorstrecken, damit Freud mit dem Orientexpress nach Paris ausreisen darf. Von dort geht es weiter nach London, wo er am 6. Juni 1938 in der Victoria Station ankommt und von einem großen Presseaufgebot empfangen wird.

    BBC möchte den berühmten Psychoanalytiker interviewen

    Freud lebt sich ein. Die BBC möchte ihn interviewen, doch aufgrund seines Alters ist ihm eine Live-Sendung nicht mehr zuzumuten. So bereitet er einen kurzen Text vor, den er in seiner Wohnung ins Mikrofon eines BBC-Reporters spricht. Zunächst erklärt er in wenigen englischen Worten sein Lebenwerk: Unter dem Einfluss eines älteren Freundes – damit meint Freud vermutlich seinen Kollegen Josef Breuer – habe er einige neue und wichtige Fakten über das Unbewusste, über Triebe und so weiter entdeckt. Doch die Menschen hätten seinen Erkenntnissen nicht geglaubt, es habe zunächst viel Widerstand gegeben, der Kampf sei noch nicht vorbei. Dann wechselt Freud plötzlich ins Deutsche und fasst in einem Satz die Gründe für seine Flucht zusammen. Es ist die einzige Originalaufnahme Sigmund Freuds in den deutschen Rundfunkarchiven. I started my professional activity as a neurologist, trying to bring relief to my neurotic patients. Under the influence of an older friend and by my own efforts I discovered some important new facts about the unconscious in psychic life, the role of instinctual urges and so on. Out of these findings grew a new science, Psychoanalysis, a part of psychology and a new method of treatment of the neuroses. I had to pay heavily for this bit of good luck. People did not believe my facts and thought my theories unsavoury. Resistance was strong and unrelenting. In the end I succeeded in acquiring pupils and building up an international Psycho-Analytic Association. But the struggle is not yet over. Im Alter von 82 Jahren verließ ich infolge der deutschen Invasion mein Heim in Wien und kam nach England, wo ich mein Leben in Freiheit zu enden hoffe. My name is Sigmund Freud.

    Quelle: Sigmund Freud, 1938

    10 Monate nach dieser Aufnahme stirbt Freud am 23. September 1939 in London.
    7 December 2024, 5:00 am
  • 4 minutes 31 seconds
    Egon Krenz tritt zurück | 6.12.1989
    Die Ära von Egon Krenz als Nachfolger von Erich Honecker währt nur 44 Tage. Am 3. Dezember tritt das Zentralkomitee der SED und das Politbüro mit Krenz an der Spitze zurück. Drei Tage später erklärt Krenz auch seinen Rücktritt als Vorsitzender des Staatsrats und des Nationalen Verteidigungsrates. Neues Staatsoberhaupt wird der Liberaldemokrat Manfred Gerlach (LDPD).
    6 December 2024, 7:30 am
  • 22 minutes 48 seconds
    Hans Bredow: Der Weg zum Rundfunk | 25.11.1954
    Bredow hatte die Radiotechnik vorangetrieben, lange bevor 1923 der reguläre Rundfunkbetrieb begann. Im Gespräch wird deutlich, welche Rolle der Erste Weltkrieg als Katalysator spielte. Bredow spricht auch über seine Motivation, "die Einsamkeit aus dem Leben der Menschen zu verbannen." Hans Bredow gibt dieses Interview dem Südwestfunk am 25. November 1954 – anlässlich seines 75. Geburtstags.

    Das Interview im Wortlaut

    Interviewer: Eduard Roderich Dietze Herr Staatssekretär, Vater des Rundfunks werden sie genannt, und doch wir alle, die wir Sie mit Dankbarkeit und Ehrfurcht so nennen, können kaum ermessen, welche Geduld und Beharrlichkeit Sie haben aufwenden müssen, um aus der Idee des Rundfunks zu seiner Realisierung vorzustoßen. Wie sind Sie eigentlich auf den Gedanken gekommen? War es nicht schon sehr früh schon vor dem Ersten Weltkrieg, Herr Staatssekretär? Ja, Herr Dietze, Rundfunk hat es eigentlich schon so lange gegeben, wie es möglich war, elektrische Wellen zu verbreiten und aufzunehmen. Denn der Rundfunk beruht ja auf der Eigenschaft der elektrischen Welle, dass sie sich nach allen Richtungen ausbreitet und von jedermann aufgenommen werden kann, der einen abgestimmten Empfänger besitzt. Und Rundfunk, natürlich nicht im heutigen Sinne, ist schon seit Anfang des Jahrhunderts verwendet worden. Aber doch nur mit Morsezeichen? Nur mit einem Morsezeichen, denn die technischen Vorbedingungen für die drahtlose Telefonie waren damals noch nicht vorhanden. Ich entsinne mich, dass zuerst von einem Sender aus Zeitzeichen verbreitet wurden, für die Schiffe und für die Uhrmacher, um ihre Uhren danach zu stellen. Dann das nächste war die telegrafische Verbreitung von neuen Nachrichten für die auf hoher See befindlichen Schiffe, die dann diese Nachrichten vor Zeitungen den Passagieren zur Kenntnis geben. Und auch während des Krieges hat man schon von der Großstation Nauen aus die Heeresnachrichten für das Inland und Ausland verbreitet. Aber natürlich war die Aufnahme nur möglich durch ausgebildete Telegrafisten, Aber schon vor dem Kriege, Herr Staatssekretär, machten Sie doch den ersten Telefonieversuch, das erste eigentliche Unterhaltungsrundfunkprogramm im heutigen Sinne, damals in den USA Ja, das hängt damit zusammen, das in Folge gewissen Erfindungen die Möglichkeit geschaffen wurde, auch das Wort, den Ton zu übertragen. Allerdings genügten diese Vorrichtungen noch nicht, um einen wirklichen Rundfunk, wie wir ihn heute kennen und lieben, ins Leben zu rufen. Aber immerhin, man konnte telefonieren, und es wurden verschoben gemacht, um einen Sprechverkehr einzurichten, um das zu propagieren, fuhr ich 1913 nach New York, ließ dort eine Vorrichtung aufstellen und machte Versuche mit drahtloser Telefonie. Es sollte dann eine Pressevorführung gemacht werden, um die Öffentlichkeit zu interessieren. Und um das etwas lebendiger zu machen, ließ ich von der Sendestation zur Empfangsstation, die in einem hohen Wolkenkratzer, dem Tower Building in York aufgestellt war, ein richtiges Rundfunkprogramm, bestehend aus Grammophon, Darbietungen und Vorträgen, verbreiten und von New Yorker Presseleuten aufnehmen. Es war eine ziemliche Sensation, aber sehr eindrucksvoll war es sonst nicht, weil die Aufnahme nur mit Kopfhörer geschehen konnte. Denn Lautsprecher, Verstärker, und alle neuen Dinge gab es damals noch nicht. Aber trotzdem waren die Presseleute doch entzückt, weil die Aufnahme klar, wenn auch sehr, sehr leise war, und schrieben viel darüber in Zeitungen. Sie waren aber doch gar nicht dabei, denn zufällig waren Sie doch schon abgerufen auf dem Atlantik. Diese Vorführung hatte ich angeordnet, musste aber aufgrund eines Telegramms vorher nach New York abfahren, weil ich eine Verhandlung mit Marconi durchzuführen hatte. Und wie ich nun am Tage nach dieser Vorführung auf hoher See war, auf dem Dampfer George Washington – Sie sehen mich hier mit einigen Funkoffizieren, an Bord der George Washington – bekam ich einen Funktelegram. Ich möchte um zehn Uhr vormittags am Empfänger sein, um etwas aufzunehmen. Ich bin dann in die Kajüte gegangen, habe den Kapitän dazugebeten, weil ich etwas ahnte. Und dann schallte uns - das heißt, schallt ist übertrieben - wir hatten die Hörer ans Ohr gepresst, und da hörten wir also leise Musikklänge, die sehr, sehr klar deutlich durchkamen. Dann wurde eine Begrüßungsansprache an mich von einem Stationsleiter an der amerikanischen Küste gehalten. Und dann kamen meine zurückgebliebenen Kollegen einzeln und begrüßten mich und beglückwünschten mich zu den Erfolgen. Und so schloss es dann mit gutem Reisewünschen und der amerikanischen Nationalhymne „The star spangled banner“. Das war also die erste Funksendung im eigentlichen Sinne, würden wir heute sagen, und das war schon am 22. Februar 1913, Herr Staatssekretär. Sicher hat das durch sehr in ihnen nachgewirkt. Sie haben ja in unendlicher Geduld die technischen Fortschritte abwarten müssen, ehe sie diesen Gedanken einmal nachgehen konnten und dann kam der Krieg. Ja, also Sie können sich vorstellen: Wenn jemand auf hoher See ist, abgeschlossen von allem und jetzt plötzlich eine Stimme ertönt von Ferne und Sie begrüßt das, dass das ein Menschen nicht ganz ungepackt lassen kann. Ich hatte damals den Eindruck, aus dieser Sache muss noch einmal etwas Großes werden. Aber wie gesagt, die technischen Vorbedingungen waren noch nicht vorhanden. Auf diese Weise war kein Rundfunk zu machen. Aber die Idee hat mich nicht losgelassen. Nun, kam sehr bald der Krieg, da hatten wir andere Sorgen. Und mit dem Kriege kam gleichzeitig etwas, was man als eine völlige Umwälzung der drahtlosen Technik betrachten kann. Dr. [Alexander] Meißner hatte im Telefunken Laboratorium den Röhrensender erfunden. Dr. Rokob [?] hat die ersten Senderöhren gemacht, und damit konnte man nun ganz klar telefonieren. Gleichzeitig war durch die Röhre eine Verstärkungsmöglichkeit geboten, sodass man wesentlich lauter und auf größere Entfernung hören könnte. Damit war man nun einen entscheidenden Schritt weitergekommen. Und als ich nun als Soldat im Jahr 1917 an die Front kam und zwar nach Rethel, in der Nähe von Reims und dort ein Versuchskommando zu führen hatte zum Ausprobieren der neuartigen Röhreneinrichtungen, verfiel ich sofort wieder auf meine alten Gedanken und richtete eine Rundfunkstation ein… Den ersten Soldatensender … Ja, Soldatensender, insofern, weil Soldaten ihn betrieben. Ich hatte dort ein kleines Team. Einer von meinen Funkern, der sang sehr nett. Ein anderer spielte Geige, ein spielte gefühlvoll Mundharmonika. Und so legte ich damit los und verbreitete Programme. Ich bin auf diese Weise der erste Ansager geworden und der erste Programmdirektor, denn ich stellte diese Programme zusammen, sagt sie an. Ich las aus Zeitungen vor, las ein Roman in Fortsetzung, täglich ein Stück, und so machten wir Musik, und alles Mögliche, und freuten uns ungeheuer über den Beifall, der wir bei den Frontsoldaten hatten, die in großen Menge über Empfänger verfügten zur Aufnahme der Heeresnachrichten und so weiter. Ich muss sagen, ich habe das noch ziemlich mit einer gewissen Gleichgültigkeit gemacht. Aber als ich dann in die Schützengräben kam und die Leute mit zuströmten und begeistert waren davon und sagten: „Sie wissen gar nicht, was Sie damit machen, dass wir hier in der in tiefen Bunkern eingegrabenen Station hier so etwas bekommen, das gibt uns ein ganz neues Leben. Das hat mich so gepackt, dass ich gesagt habe, sowie ich zurückkomme, wird die Sache durchgeführt. Ich konnte aber nicht weiterarbeiten. Wir mussten das aufgeben, weil Störungen dadurch verursacht worden. Die Leute an den Empfängern wurden abgelenkt, und der Oberkommandierende hat es dann aus militärischen Gründen verboten. Und wir sind dann später Peter abgezogen. Aber unmittelbar nach dem Kriege habe ich dann die Sache wieder angefasst. (Unterbrechung) Sie sprachen, Herr Staatssekretär, von der Wirkung auf den Einzelnen. Ist das für den Rundfunk ihrer Ansicht nach kennzeichnend, dass eben der Einzelne dieses Hörerlebnis hat. Und gilt das in gewissem Sinne vielleicht auch für das Fernsehen, dass es sich an den einzelnen richtet, was da über den Äther getragen wird? Klänge, Worte und Bilder? Das ist das, was mich am meisten beeindruckt hat, dass es zukünftig möglich sein würde, die Einsamkeit aus dem Leben des Menschen zu verbannen. Ich ging dabei von Erlebnissen in den Schützengräben aus. Und als ich nun nach Ende des Krieges die Möglichkeit bekam, mit großem Nachdruck meine Ideen durchzuführen, nämlich – ich war es der Industrie ausgeschieden, in der ich vor tätig war - durch Ernennung zum Leiter des Reichsfunkwesens bei der Reichspost, da kam eine ganze Reihe von großen Aufgaben an mich heran. Aber eine der ersten Aufgaben, die ich anpackte, war der Rundfunk. Und fanden sie gleich den nötigen Widerhall und für ihre Ideen? Nein, nein, nein. Ich stand immer da, auch von meiner eigenen Behörde, als ein Fantast, der seinen Lieblingsideen nachlief. Und das führte mich eines Tags zu einer Katastrophe. Als ich bei der Nationalversammlung, deren Hauptausschuss ich im Oktober 1919 über meine Pläne berichtete, ging man überhaupt mit keinem Wort darauf ein. Ich entschloss mich deshalb, mich an die Öffentlichkeit zu wenden und veranstaltete einen öffentlichen Vortrag in der Berliner Urania. Zu dem ich Behörden, Wissenschaft, Presse und Industrie und Technik und so weiter einladen ließ, wollte nun praktischen Rundfunkempfang dort vorführen. Und meine Schlussfolgerung aus diesen technischen Möglichkeiten ziehen. Zu meinem Unglück - ich erwähnte schon, dass es keine Lautsprecher gab, wir hatten aber zu diesem Zweck einige zusammengebastelt - versagte der Lautsprecherempfang, wie er es lange Jahre getan hat, gänzlich, und das Programm, das ich damals aussenden ließ, zusammengestellt hatte, und das nun das Publikum hören sollte, kam sehr stark verzerrt an. Und die Anwesenden sahen nur die technische Seite und die Verzerrung, die aufgetreten war. Und meinen Hinweis darauf, es handelt sich hier um die grundsätzliche Frage und nicht um die Vorführung einer fertigen Technik. Und wir wollen mit der Entwicklung der Technik beginnen und ich möchte Ihr Interesse dafür erwecken. Da war ich allerdings außerordentlich deprimiert, denn die Versammlung reagierte mit Stillschweigen, teilweise mit Kichern. Meine Kollegen von der Reichspost behandelten mich nach diesem Vortrag eisig, und ich kam mir vor wie eine Art Betrüger. Damals habe ich die Aufgaben des Rundfunks als Hauptaufgabe des Rundfunks erkannt, den einsamen, einzelnen Menschen zu dienen, indem ich hinwies auf die Schiffe auf See, die einsamen Leute in den Heidedörfern, die einsame Witwe, die ohne Zusammenhang mit dem Leben leben muss, am diejenigen, die sich keine Konzerte leisten können und so weiter, dass denen ein neues Leben gebracht wird. An die politische Anwendung des Rundfunks, die heute im Vordergrund steht, habe ich weniger gedacht. Mich interessierte die Seite, den Menschen Menschen, die einsam sind, ein ganz neues Leben zu verschaffen. Wie neu damals diese Gedanken waren, geht daraus vor, dass Hans Dominik [ein Ingenieur und Science-Fiction-Autor, Anm. d. Red.], dem man gewiss nicht ein Mangel an Fantasie vorwerfen kann, denn er hat viele utopische Romane geschrieben, damals im Berliner Lokalanzeiger über meinen Vortrag schrieb: Der Vortragende brachte Ideen von geradezu „Jules Vernescher Kühnheit“. Ich habe das nicht so empfunden. Für mich war das eine Selbstverständlichkeit und auch für jeden Techniker. Und es ist nun für Millionen eine Selbstverständlichkeit geworden. Herr Staatssekretär. Vielleicht ist es ganz gut, wenn wir gerade diesen Anlass nehmen, die Millionen daran zu erinnern, wie wenig selbstverständlich diese ganze beharrliche und sehr Arbeit gewesen ist. All der namenlosen Ingenieure, die ihnen dabei geholfen haben und in einem gewissen Sinne sind Sie auch nicht nur der Vater des Rundfunks, Herr Staatssekretär, sondern wie man belegen kann, aus dem Schrifttum, in gewissem Sinn und sogar der Vater auch des Fernsehens. Sie haben doch diese Aufgabe damals schon 1923, den Ingenieuren ganz bewusst gestellt. Das ist schon richtig. Aber, um Gottes Willen, bezeichnen sie mich nicht als Vater des Fernsehens. Denn es gibt viele Väter. Beim Fernsehen war es genau beim Rundfunk. Am Anfang stand die Technik. Erst viel, viel später kamen die Gestalter hinzu, und Väter der Fernsehtechnik gibt es eine ganze Anzahl. Als wirklichen Vater des neuzeitlichen Fernsehens, an dem wir uns täglich hier in Deutschland erfreuen können, betrachte ich den Herrn Professor [Werner] Nestel vom NWDR, der sich ungeheure Verdienste um das Fernsehen erworben hat. Wenn er neulich, wie ich las, das Bundesverdienstkreuz dafür bekommen hat, so war das nur berechtigt, und ich denke mit großer Freude an die Leistung dieses Mannes. Denn er hat auch einen anderen Gedanken sehr tatkräftig verwirklicht, der auch von ihnen stammte, nämlich der Ultrakurzwellen, nicht wahr, Herr Staatssekretär? Ja, das hat nur sehr lange Jahre gedauert. Ich habe, das war auch eine plötzliche Konzeption im Jahr 1930, wie Sie gelesen haben, in Wien den Vorschlag gemacht, die Ultrakurzwelle für Lokalsendungen anzuwenden, und das damit begründet, dass er auf die Weise die Länderinteressen und die lokalen Interessen im Anfang wesentlich mehr berücksichtigt werden könnten als bei der Verwendung des Mittelwellenrundfunks, der damals üblich war. Und später ist dann ganz von selbst durch die Notwendigkeit der Wellenknappheit diese Aufgabe in an Vordergrund getreten und Prof. Nestel ist es wohl wiederum gewesen, der wohl als der Hauptförderer dieser neuen Einrichtung gelten kann.
    24 November 2024, 9:18 am
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