SWR2 Kultur Aktuell

Südwestrundfunk

Beiträge aus den täglichen Kulturjournalen von SWR2. Mit Kulturnachrichten, Rezensionen, Tipps und Hintergründen zu den Themen Literatur, Kunst, Theater, Tanz, Festivals und Co.

  • 4 minutes 9 seconds
    Agustina Bazterrica – Die Nichtswürdigen
    Als der Roman „Die Nichtswürdigen“ beginnt, hat die Apokalypse schon stattgefunden: Ein globaler Kollaps und eine Umweltkatastrophe gigantischen Ausmaßes. Länder sind unter Wassermassen verschwunden, dann sind Meere ausgetrocknet, Bäume und fast alle Tiere verschwunden. Nur wenige Menschen haben überlebt, sie irren durch eine zerstörte Welt ohne Strom und Internet, jagen Tauben oder Ratten, um nicht vor Hunger zu sterben, sie töten sich gegenseitig. Agustina Bazterrica schildert das Grauen in Rückblenden, denn die Ich-Erzählerin ihres Romans, eine junge Frau, hat nach langem Herumstreunen einen Zufluchtsort gefunden. Sie lebt im Haus der Heiligen Schwesternschaft, wo sie gemeinsam mit anderen Frauen einem mysteriösen, Mann, der nur Er genannt wird, und einer brutalen Schwester Oberin unterworfen ist. Es gibt hier etwas zu essen, ein wenig Wasser, Kleidung und Betten, aber auch eine streng hierarchische Ordnung, die auf Gehorsam, blindem Glauben und Sadismus beruht.

    Geist der Grausamkeit

    Von den sogenannten Nichtswürdigen, zu denen die Erzählerin gehört, wird Läuterung verlangt, Selbstgeißelung, Opfer aller Art. Sie alle wollen aufsteigen in der Hierarchie der Heiligen Schwesternschaft, wollen sogenannte Auserwählte oder Durchgeistigte werden. Deshalb konkurrieren die Frauen gnadenlos miteinander, quälen sich gegenseitig. Es herrscht ein Geist der Grausamkeit – und das von der ersten Romanseite an: Jemand schreit im Dunkeln. Ich hoffe, es ist Lourdes. Ich habe ihr Kakerlaken ins Kopfkissen gesteckt und den Bezug vernäht, damit sie nicht so leicht herauskönnen, damit sie unter ihrem Kopf krabbeln oder über ihr Gesicht. Hoffentlich kriechen sie ihr in die Ohren und nisten auf ihren Trommelfellen, hoffentlich spürt sie, wie die Brut ihr ins Gehirn dringt.

    Quelle: Agustina Bazterrica – Die Nichtswürdigen

    Nichts für Zartbesaitete. Makabre Passagen gibt es immer wieder in Bazterricas Roman. Auch, wenn die Strafen geschildert werden, die die Nichtswürdigen beim geringsten Fehlverhalten ertragen müssen – wenn die Schwester Oberin mal wieder die Peitsche schwingt oder einer Nichtswürdigen noch Schlimmeres geschieht. Die Dienerinnen banden sie an einen Pfahl, um den Äste und Strünke gehäuft waren. Sie zündeten sie an, und Mariel stand in Flammen. Sie war wunderschön. Ein Feuervogel.

    Quelle: Agustina Bazterrica – Die Nichtswürdigen

    Eine vom jahrelangen Kampf ums Überleben abgestumpfte Gemeinschaft, in der selbst im Verbrennen einer Frau Schönheit gesehen wird: Inmitten ihrer Dystopie einer unbewohnbaren Welt hat Agustina Bazterrica einen Ort ersonnen, an dem Frauen Unterdrückung und Folter aller Art ausgesetzt sind – auch die vermeintlich Privilegierten. Damit erfindet die Autorin aber nichts Neues, damit treibt sie nur Szenarien von misogyner Gewalt und Missbrauch auf die Spitze, die es immer schon gegeben hat.

    Messianische Figur bringt Erlösung

    In dem perversen System der Heiligen Schwesternschaft funktioniert keine Sisterhood, bis eine Frau, eine fast messianische Figur, zur Gemeinschaft stößt, die Erlösung bringt: Durch Barmherzigkeit – und Liebe. Lucía streckte einen Arm zum Himmel, als wollte sie die Sterne berühren. Wir sind Töchter des Mondes, sagte sie. Sie küsste mich, und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich konnte sie bloß ansehen, bloß streicheln mit den Fingerspitzen (…).

    Quelle: Agustina Bazterrica – Die Nichtswürdigen

    Schade, dass in „Die Nichtswürdigen“ die Sprache oft so klischeehaft ist. Was die schockierenden Passagen des Romans angeht, so sind diese ein nachvollziehbares Mittel, um die Verrohung der Menschheit nach dem Zivilisations-Kollaps zu verdeutlichen. Die Autorin zeigt auf erschreckende Weise, wie aus dem Chaos ein allumfassendes System des Bösen entstehen könnte. Die Nichtswürdigen ist einer von vielen Romanen, die von der Apokalypse handeln – aber durchaus ein interessanter. Geschmälert wird das Leseerlebnis durch Allgemeinplätze, einige Redundanzen und ein nicht ganz überzeugendes Ende.
    14 November 2024, 5:30 pm
  • 3 minutes 47 seconds
    Eine außergewöhnliche Revue: „The Ballroom“ im Friedrichsbau Varieté Stuttgart
    Gleich zu Beginn ist der Ton gesetzt. Zu Offenheit fordert Fanny di Favola auf, die durchs Programm führt. Zu Elektrobeats strömen Tänzerinnen und ein Tänzer in den Ballroom.  Sie tanzen in minimalistischen, futuristischen Kostümen in schwarz und weiß und verwandeln die fast leere und dunkel gestaltete Bühne in einen Club für elektronische Musik. Im fließenden Wechsel dazu gibt es artistische und akrobatische Nummern. Das künstlerische Team ließ sich dabei von den Ballhäusern der 1920er Jahre inspirieren. Timo Steinhauer, Geschäftsführer des Stuttgarter Friedrichsbau Varietés sagt: „Da war die Gesellschaft, die Menschen, die das dort besucht haben, viel offener als anderorts in dieser Zeit - und das hat uns total fasziniert.[...] Wir haben uns überlegt, wie würde es aussehen, wenn wir uns von diesen historischen Vorbildern lösen könnten, einfach um einen neuen Gedankenansatz reinzubringen.“

    Eine außergewöhnliche Show

    In Anlehnung an die Revuen in den Ballhäusern entstand auch der Name, der in die Gegenwart weisen soll: The Ballroom Revue. Auch die Künstlerinnen und Künstler begeistert der moderne Ansatz mit der elektronischen Musik, wie zum Beispiel Aleksandar Savija. Der performt an einer von der Decke herunterhängenden Pole Dance Stange – und scheint dabei zu schweben. Mal im Spagat, mal mit fließenden tänzerischen Bewegungen. Aleksandar Savija freut sich bei dieser Show dabei zu sein:  „Sie ist außergewöhnlich, ich nenne sie irgendwo so Avantgarde-Subculture, also jetzt für mich persönlich, weil wir können frei sein. Wir kennen ja diese klassischen Varietés, wo ganz viel Feder und Glamour ist. Und hier ist eben eine andere Art von Glamour. Wir bringen den Glamour in den Ballroom 2024.“ 

    Faszinierende Kombinationen

    Die treibenden Beats der Musik ziehen sich durch die ganze Revue. Es ist faszinierend, was sich dazu kombinieren lässt. Wenn etwa der Breakdancer und Artist Sören Geisler seine Moves mit einem Diabolo-Stab kombiniert. Da kreiselt er mit dem Rücken auf dem Boden und schleudert mit den Armen das beleuchtete Diabolo in die Luft und fängt es wieder auf. Für ein modernes Ballhaus – oder eben einen Ballroom – fand Regisseur Ralph Sun die Musik der elektronischen Subkultur passend.

    Vereinen ist in der aktuellen Zeit wichtig

    Die Revue ist divers besetzt mit Menschen aus den unterschiedlichsten Nationen – von Argentinien bis hin zu Finnland. Ihre sexuelle Orientierung spielt dabei für niemanden eine Rolle. Das Publikum soll sich einfach amüsieren und offen für Neues sein. Und sich dabei antreiben lassen von den Beats der elektronischen Musik. Timo Steinhauer: „Wir sind Mensch, wir haben einen Herzschlag, und von da aus wieder anfangen aufzubauen, und ich glaube, das ist was, was uns alle eint und ich glaube, zu vereinen ist in dieser aktuellen Zeit wahnsinnig wichtig.“
    14 November 2024, 11:30 am
  • 5 minutes 31 seconds
    Rhetorik in der Regierungskrise: Wenn das „Entweder – Oder“ greift

    Typischer Wahlkampf-Mechanismus

    Für derlei Situationen greife die Politik gerne zur Formel vom „Entweder – Oder“. „Das ist ein Mechanismus, der typisch ist für Wahlkämpfe“, so der Professor für allgemeine Rhetorik. Allerdings sei Olaf Scholz im Bundestag, trotz der Angriffe gegenüber der Opposition, präsidial und staatstragend geblieben. „Bei Scholz habe ich mich ein bisschen gewundert“, gibt Till im Gespräch zu.

    Kalter Schmidt und scharfer Merz

    Als Gegenstück verweist der Experte auf die Regierungsklärung, die der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt 1982 nach dem Koalitionsbruch durch die FDP hielt: „Der war völlig kalt – eine ganz andere Form der Rhetorik.“ Auffällig an der Debatte war für Till auch der Kontrast, den Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) lieferte: „Merz ist wesentlich schärfer, weil er das jetzt auch kann.“ Generell werde eine Vertrauensfrage von der Politik aber inzwischen weit weniger emotional behandelt wie früher: „Eine Vertrauensfrage wird als eine Frage des Managements begriffen, die man jetzt abarbeiten muss.“
    14 November 2024, 5:00 am
  • 5 minutes 14 seconds
    Stuttgarter Spoken Arts Festival befasst sich mit Nachkriegsjahren
    Für die Schauspielerin Claudia Michelsen, die neben Iris Berben, Marvie Hörbiger und Christian Brückner zu den Stars gehört, hat der Schwerpunkt große Aktualität.

    Frieden hat eine andere Bedeutung

    Im Gespräch mit SWR Kultur weist Michelsen auf die Debatte um Pazifismus hin, die aufbrandet: „Ich finde, dass ein Wort wie Frieden eine andere Belastung oder Bedeutung bekommen hat und das ist so fatal.“ Bei den Proben für das Stuttgarter Festival habe sie mit Kollegen darüber diskutiert – auch kontrovers.

    Kriegszeugen und ihre Texte

    Durch Texte von Autor*innen wie Thomas Mann, Bert Brecht, Rose Ausländer oder Christa Wolf Nachkriegs-Geschichte lebendig zu machen, findet Michelsen interessant: „Weil das von Menschen kommt, die den Krieg erlebt haben.“ Manches sei heute kaum noch statthaft.

    Alle hatten eine strenge Großtante

    Auch ihre Erfahrung als Darstellerin in der ZDF-Serie „Ku'damm 56“ sei hilfreich, um die Wechselbeziehung von Kultur und Geschichte zu verstehen, berichtet Michelsen. Als alleinerziehende Tanzschulen-Besitzerin mit mehreren Töchtern, die sie verkörperte, hätten sie Zuschauer oft angesprochen: „Irgendeiner hatte immer eine Großtante, die auch diese fast militante Strenge hatte.“
    14 November 2024, 5:00 am
  • 4 minutes 9 seconds
    Christoph Sebastian Widdau, Jörn Knobloch – Was ist und was soll Political Correctness?
    Über die Berliner „Mohrenstraße“ wurde ausgiebig gestritten, bei Bismarck-Denkmälern würden manche Leute gern den Vorschlaghammer hervorholen, der Hindenburg-Damm muss doch nicht nach einem Demokratiefeind heißen, und das N-Wort hat in einem Kinderbuch nichts zu suchen. In all diesen Fällen geht es um Symbole und um Sprache. Und all diese Fälle sind hart umkämpft. Komplett verfeindete und unversöhnliche Parteien scheinen sich gegenüberzustehen. Für die einen kann ein Straßenname verletzend, gar retraumatisierend sein. Andere berufen sich auf Traditionen oder ein komplexes Geschichtsbild, das sich nicht einfach durch das Auslöschen von Begriffen übermalen lässt. Wenig verbindet diese Positionen.  

    Was darf man (noch) wie sagen? Darum tobt ein Kulturkampf 

    Es tobt ein regelrechter Kulturkampf. An diesem Punkt setzt der schmale Essay der Politologen und Philosophen Jörn Knobloch und Christoph Sebastian Widdau an. Sie fragen: „Was ist und was soll Political Correctness?“, beschreiben also zunächst die Grundlagen der Auseinandersetzung, die Herkunft des Begriffs, die Intentionen, die hinter der Forderung nach politischen Korrekturen stecken. Political Correctness wurde in der Bundesrepublik früh durch Feministinnen praktiziert. Sie zielten darauf, die ungenügende Repräsentation von Frauen in Sprache, Kultur, Politik anzuprangern. Aber längst gehe es neben der Kritik am Sprachgebrauch auch ...  … um die Bewertung und Sanktionierung bestimmter Weltanschauungen oder die politisch-moralisch begründete Auswahl von Sprechern in der Öffentlichkeit.

    Quelle: Jörn Knobloch, Christoph Sebastian Widdau – Was ist und was soll Political Correctness?

    Beitrag zur Versachlichung in der Diskussion um Political Correctness 

    Political Correctness ist ein Kampfbegriff, dessen Wesen schon zur Genüge wissenschaftlich und feuilletonistisch diskutiert wurde. Knobloch und Widdau aber gehen einen Schritt über die Beschreibung hinaus. Ihr Anliegen: Sie wollen die Diskussion versachlichen, und zwar indem sie versuchen, die verfeindeten Strömungen der Bewahrer und Korrektoren auf eine gemeinsame ideengeschichtliche Wurzel zurückzuführen.  Wir vermuten (…), dass beide Positionen auf dem Liberalismus fußen. Zumindest, um dies vorsichtiger zu formulieren, lassen sich ihre Ursprünge auf liberales Denken zurückführen.

    Quelle: Jörn Knobloch, Christoph Sebastian Widdau – Was ist und was soll Political Correctness?

    Natürlich gibt es Rechtsextreme, die der Political Correctness aus durchschaubaren Gründen den Kampf ansagen. Das ignorieren Knobloch und Widdau keineswegs. Aber im Kern der Auseinandersetzung stünden sich unterschiedliche liberale Gesinnungen gegenüber. Dies eröffne die Möglichkeit, doch Übereinkünfte zu finden, die aufgrund der aufgeheizten Debatten schier unerreichbar scheinen.   Wenn sich aber die Streitparteien darauf einigen könnten, dass sie sich innerhalb liberaler Demokratien bewegen und den Liberalismus ernst nehmen, dann könnte man prüfen, ob von hier aus gesehen bestimmte Praktiken, Routinen und Konventionen, Sprechweisen und Handlungen sinnvollerweise als »korrekt« oder »inkorrekt« bezeichnet werden können.

    Quelle: Jörn Knobloch, Christoph Sebastian Widdau – Was ist und was soll Political Correctness?

    Fundament gemeinsamer liberaler Überzeugungen gibt Hoffnung 

    Letztlich begreifen die Autoren die Debatte als Reaktion auf die Krise des Liberalismus. Es handelt sich um einen Streit darüber, wie der Liberalismus fortgeführt, liberalisiert werden könnte. Vor Gerichten lässt sich das schwerlich austragen, durch Gesetze nur um den Preis tieferer Spaltungen regeln. Auf dem Fundament gemeinsamer liberaler Überzeugungen aber könnten beide Streitparteien die Wichtigkeit ihrer Anliegen erkennen und diskutieren – und Kompromisse aushandeln, die aus der Unbedingtheit des Entweder-Oder ausbrechen. Der Sprachgebrauch müsse, so Knobloch und Widdau, einer Inventur unterzogen werden; diese ermögliche Suche nach tatsächlichen oder vermeintlichen Beleidigungen. Darauf ließe sich aufbauen. Freilich basiert dieser Vorschlag auf einer von Jürgen Habermas inspirierten Diskursethik, die vernunftbegabte und offene Teilnehmer voraussetzt. Auf solche darf man zwar hoffen. Ob man sie gegenwärtig wirklich finden kann, ist allerdings zweifelhaft.
    13 November 2024, 5:30 pm
  • 3 minutes 27 seconds
    Wo bist du? Podcast sucht Menschen, die auf der Flucht verschwinden

    Flucht übers Mittelmeer, weil kein legaler Weg in die EU möglich war

    Saras Geschwister sind einfach weg. Keine Nachricht, kein Anruf. Nichts hört sie von Soma und Puria, die auf einem Segelboot versuchen, Italien zu erreichen. Dabei hatte ihre große Schwester versprochen, auf sie aufzupassen auf ihrer Flucht nach Europa. Ein Leben im Iran, unter dem politischen Druck des Regimes und ohne Perspektive, das hätten die beiden nicht mehr ertragen, erzählt Sara. Sie selbst lebt schon seit vielen Jahren in Schweden, aber ihre Schwester und ihr Bruder haben trotz vieler Versuche keinen legalen Weg in die EU gefunden. Deshalb die Flucht übers Mittelmeer.

    Eine tagelange Irrfahrt auf dem Mittelmeer

    Noch auf dem Weg zur Anlegestelle bekommt Sara eine beunruhigende Nachricht von ihrer Schwester: „Bitte fahr uns nicht hinterher. Diese Leute sind gefährlich, sie haben Waffen.“ Sara hört nicht auf ihre Schwester. Sie hat sich mit ihrem Auto hinter den Konvoi der Schlepper gehängt und folgt ihnen. Nach etwa 45 Minuten kommen sie in einer Bucht am türkischen Mittelmeer zum Stehen. Das letzte Mal sieht Sara ihre Geschwister, als sie beobachtet, wie die beiden aufs Boot steigen. Was dann passiert, rekonstruiert der Podcast „Wo bist du?“: Eine tagelange Irrfahrt auf dem Mittelmeer, schließlich eine Suchmeldung der italienischen Küstenwache.

    Nicht die Küstenwache sucht nach Überlebenden

    Mehr als 4000 Menschen sind allein letztes Jahr im Mittelmeer ertrunken oder verschollen. Andere sind an der polnisch-belarussischen Grenze verschwunden oder auf der Balkanroute. Ihre Angehörigen suchen oft jahrelang nach ihnen, mit allen Mitteln. So wie Sara, die die Podcast-Autorin Antonia Märzhäuser in Italien kennenlernt. „Und was dann passiert ist, ist dass ich im Café saß und einen Helikopter gehört habe“, erinnert sich Antonia Märzhauser. „Und ich dachte, das ist bestimmt die italienische Küstenwache, die nach Überlebenden sucht. Und einen Tag später hat mir ein kurdischer Journalist erzählt: Nee, das in dem Helikopter, das war eine Frau, die ihre Schwester und ihren Bruder sucht. Die selbst die Suche in die Hand genommen hat.“

    Verzweiflung über die Ungewissheit

    Auf dieser Suche begleitet der Podcast Sara, Faisal, Latifa und die anderen. Deren Verzweiflung über das Nichtwissen ist manchmal kaum auszuhalten. Vermutlich, wahrscheinlich sind die Geschwister nicht mehr am Leben. Aber das Nichtwissen, sagt Podcast-Host David Romanowski, ist schlimmer. „Es gibt auf jeden Fall Geschichten, in denen die Leute am Ende Antworten bekommen“, erzählt er. „Und da geht’s auch gar nicht so sehr um die Frage, ob sie ihre Angehörigen lebend finden, sondern auch darum, herauszufinden, was passiert ist. Zum Beispiel, zu erfahren, dass sie tot sind, was für die Menschen eine Gewissheit mit sich bringt.“

    Die Frage nach der politischen Verantwortung ist für die Angehörigen zweitrangig

    Im Vordergrund steht die Suche, die Hoffnung der Angehörigen auf Antworten. Der Podcast bleibt ganz nah dran an seinen Protagonisten, ihrem Kampf mit den Behörden, den teils kriminellen Schleusern. Dabei ist die Frage nach der politischen Verantwortung immer präsent, aber für die Angehörigen erst einmal zweitrangig, erklärt Antonia Märzhäuser: „Die ist natürlich ein Ergebnis von der EU-Grenzpolitik, gar keine Frage. Aber für die Angehörigen stehen erst einmal andere Themen im Zentrum.“

    Sechs verschwundene Menschen stellvertretend für viele tausend

    In den acht Folgen rekonstruieren die Journalisten zusammen mit den Angehörigen Fluchtwege, treffen andere Geflüchtete und recherchieren die Netzwerke der Schleuser. Am Ende stehen die Geschichten von sechs verschwundenen Menschen, stellvertretend für viele tausend. 
    13 November 2024, 5:00 am
  • 4 minutes 9 seconds
    Molly MacCarthy – Kleine Fliegen der Gewissheit
    Eine weitläufige Zimmerflucht als Zuhause, der Blick aus dem Kinderzimmer in einen üppigen, gepflegten Garten, Privatunterricht mit Hauslehrern und berühmte Autoren zum Abendessen. Es ist eine ferne, faszinierende Welt, in die Molly MacCarthy uns in ihren Kindheitserinnerungen „Kleine Fliegen der Gewissheit“ mitnimmt.   Ich wurde in den Achtzigern in behütete, äußerst behagliche religiöse und literarische Kreise hineingeboren.  

    Quelle: Molly MacCarthy – Kleine Fliegen der Gewissheit

    Ironische Distanz zur eigenen Familie 

    Kindheitserinnerungen bergen die Gefahr der nostalgischen Verklärung. Dass Molly MacCarthy nicht in diese Falle tappt, macht „Eine Kindheit im neunzehnten Jahrhundert“ – so der Originaltitel der autofiktionalen Erzählung – umso lesenswerter. Immer ist das Bemühen der Autorin um Ehrlichkeit wahrnehmbar, was sich oft auch in einem Ton ironischer Distanz gegenüber der eigenen Familie und deren Werten niederschlägt.   Molly, die eigentlich Mary heißt, ist das zweitjüngste von acht Kindern des Vize-Schuldirektors Francis Warre-Cornish und seiner Frau Blanche.  Die Autorin ist zwölf Jahre alt, als ihr Vater seine Stelle in Eton antritt und die Familie in das weiträumige Tudor-Haus neben dem Eliteinternat zieht.   Mollys Familie gehört zum gehobenen Bildungsbürgertum. Um die Aufmerksamkeit der zerstreuten und exzentrischen Mutter kämpft die Tochter oft vergeblich. Häusliche Theateraufführungen, Vorlesestunden und Klavierkonzerte machen für MacCarthy auch im Rückblick den Mangel an mütterlicher Zuwendung nicht wett. Völlig unerwartet entscheidet die Mutter überdies, die Tochter in ein katholisches Internat zu geben.  Die weitläufigen, weißen Schlafsäle, (…) und die Kapelle, in der ein schwerer Weihrauchduft lag, vermittelten ihr das Gefühl dieser disziplinierten Ordnung und Ruhe, nach der sie sich selbst sehnte und die sie einer Tochter nur zu gerne vermittelt hätte. (…) So rasch wie möglich sollte ich in dieser hochkirchlichen Festung eingekerkert werden. 

    Quelle: Molly MacCarthy – Kleine Fliegen der Gewissheit

    Kaum Berufsperspektiven trotz Schulabschluss

    Trotz Heimweh, Einsamkeit und rigiden religiösen Geboten versucht das Mädchen, die Beweggründe der mütterlichen Entscheidung nachzuvollziehen. Diese Balance zwischen Fakten und subjektivem Rückblick zeichnet das Buch aus, das einen höheren literarischen Anspruch als ein Memoir hat und von der Ich-Perspektive bisweilen auch in die dritte Person wechselt.  Nach ihrem Schulabschluss sieht sich das junge Mädchen allerdings mit einem unerwarteten Problem konfrontiert. Auf der Suche nach einer Zukunftsperspektive geht sie im „Jahrbuch der englischen Frauen“ die Liste mit den Berufen durch.  Obgleich das Jahrbuch alle Berufe nannte, die eine Frau in jener Zeit hätte ergreifen können, von der Universitätsprofessorin bis zur Müllkutscherin (…) an den Hafendocks, wurde es mir zu meiner großen Bestürzung klar, dass ich ohne Beruf dastand. Unter diesen Umständen entschließe ich mich zu einem drastischen Schritt. „Ich werde Hygieneinspektorin“, verkünde ich meiner Familie. Sie brüllen vor Lachen. 

    Quelle: Molly MacCarthy – Kleine Fliegen der Gewissheit

    Mollys Berufssuche wird ebenso in Ehe und Mutterschaft enden wie die ihrer Schwestern. Vorher dürfen die jungen Mädchen in London noch ein wenig ihre Freiheit auf sittsamen Tanztees genießen. Die zahlreichen Anmerkungen des Herausgebers und Übersetzers Tobias Schwartz machen den beeindruckenden Bildungshintergrund deutlich, der für junge Mädchen der britischen Upperclass selbstverständlich war.  Als Queen Victoria, Königin von Großbritannien und Kaiserin von Indien, 1901 stirbt, endet eine Epoche und mit ihr auch die Kindheit und Jugend der 19-jährigen Molly MacCarthy. Das sachkundige Vorwort bettet die Erzählung in den historischen Kontext der berühmten Bloomsbury Group ein, deren Mitglied Molly MacCarthy war.  „Mit Neid und Entzücken“ habe sie Mollys Kindheitserinnerungen gelesen, schreibt Virginia Woolf 1924 in einem Brief an ihre Cousine. Auch hundert Jahre nach der Erstveröffentlichung bereiten die anrührenden, nachdenklichen und amüsanten Kindheitserinnerungen große Lesefreude.
    12 November 2024, 5:30 pm
  • 3 minutes 51 seconds
    Blick in Omas Kochtöpfe weltweit: Fotoausstellung in den Reiss Engelhorn Museen

    Eine Hommage an die eigene Großmutter

    Eine einfach eingerichtete Küche mit Spültisch, Gasherd und Hängeschränken. Am Küchentisch steht eine ältere Frau mit einer bunten Schürze und einem etwas unsicheren Lächeln – die italienische Großmutter des Fotografen, in der Küche, in der alles anfing: „Die Beziehung, die ich zu meiner Großmutter habe, ist sehr stark. Sie hat während meiner ganzen Kindheit und Jugend auf mich aufgepasst. Und sie hat oft für mich gekocht, weil meine Eltern beide gearbeitet haben. Dieses Projekt ist eine Hommage an meine Großmutter.“

    Die Fotos sind immer gleich aufgebaut

    Und letztendlich an viele Großmütter rund um den Globus. Auf seiner Weltreise hat Gabriele Galimberti überall nach Großmüttern gesucht, die gerne kochen und ihm ihre Lieblingsrezepte zeigen wollten. So wurde für ihn Elchsteak in Alaska zubereitet, Meeresschnecken auf Haiti, höllisch scharfes Hähnchen in Indien und Berberbrot in Marokko. Aber auch Leguan auf den Cayman-Islands, Raupen in Malawi oder in den USA ein Dessert aus lauter Fertigprodukten. So unterschiedlich die Gerichte sind, die farbintensiven Fotos haben immer denselben Aufbau: rechts das appetitlich angerichtete Essen auf dem Teller, links die Großmutter in ihrer Küche.

    Küchen als intimer Einblick ins Leben

    Vor den Köchinnen hat Gabriele Galimberti jeweils all ihre Zutaten fein säuberlich aufgereiht, erklärt die Kuratorin der Ausstellung Stephanie Herrmann. Die verwendeten Lebensmittel sagen viel über den kulturellen und sozialen Hintergrund der Frauen aus. Gekocht wird mal in gestylten Küchen, mal über offenem Feuer, in einfachen Hütten, schmucklosen Räumen oder in großen Villen. Küchen erlauben fast intime Einblicke ins Leben eines Menschen, aber auch die Gesichter und Körperhaltungen der Frauen sprechen Bände. Gabriele Galimberti hat allerdings keine Foto-Dokumentation erstellt und auch keine Schnappschüsse aus dem Moment heraus gemacht.

    Ästhetische Fotokunstwerke

    Seine Aufnahmen der Großmütter in ihren Küchen sind präzise arrangiert und dadurch entstehen sehr ästhetische Fotokunstwerke, erklärt Stephanie Herrmann, Leiterin des ZEPHYR Fotomuseums. Die kurzen Texte über die Großmütter, die Gabriele Galimberti an die Seite seiner Fotos gestellt hat, erzählen mal von Entbehrung, mal von Luxus. Und davon, dass es überall auf der Welt fast immer die Mütter und Großmütter sind, die für ihre Kinder und Enkelkinder da sind und das tägliche Kochen übernehmen.

    Essen als Familien-Kitt

    Manchmal waren die Frauen früher auch berufstätig, eine hat sogar immer noch ihre eigene Koch-Show, andere mussten wegen der vielen Kinder oder wegen eines eifersüchtigen Ehemanns zu Hause bleiben. Ich glaube, gemeinsames Kochen und Essen ist etwas ganz Essentielles und hält Familien zusammen – das ist überall auf dem Planeten gleich.

    Quelle: Gabriele Galimberti

    Und auch wenn das vielleicht klischeehaft klingt: Oft sind es die Großmütter, die die Familien wenigstens ab und zu um einen Tisch versammeln.
    12 November 2024, 11:30 am
  • 4 minutes 10 seconds
    Neues Selbstverständnis in der Mainzer Architektur: Die Betonisten veröffentlichen Fotoband

    „Es hat eine unheimliche Dynamik“

    Ein riesiges farbenfrohes Raumschiff ist auf dem Mainzer Lerchenberg gelandet – dieser Gedanke kommt einem sofort beim Blick auf das Sendebetriebsgebäude des ZDF. Es ist ein dreistöckiger Rundbau, in den drei weitere Zylinder integriert sind, wie Zahnräder, die ineinandergreifen. Das Gebäude von 1984 gehört zu den Projekten, die die Betonisten in ihrem neuen Bildband vorstellen. Für Redakteur und Co-Autor Robinson Michel ist es eines seiner Highlights: „Das ist so ein expressiver Bau, so ein buntes Konglomerat aus Formen. Es hat eine unheimliche Dynamik. Wenn man auf das großformatige Bild schaut, das in unserem Buch ist, dann weiß man gar nicht: Wo schaue ich als erstes hin? Wo fängt das Gebäude an und wo hört es auf.“

     Nach dem Wiederaufbau ist Schluss mit Bescheidenheit

    Ein selbstbewusstes Statement, sagt Robinson Michel, und ganz typisch für die Architektur der 1970er- bis 1990er-Jahre. 1970 ist der erste Wiederaufbau nach dem Krieg auch in Mainz abgeschlossen, es warten neue Aufgaben: Die Stadt entwickelt sich zum wichtigen Medien- und Universitätsstandort, aber auch Banken, Hotels und Unternehmen wollen expandieren. Mit der Bescheidenheit beim Bauen ist es vorbei, wie etwa die Zwillingshochhäuser am Mainzer Hauptbahnhof, die Bonifaziustürme, überdeutlich demonstrieren: 25 Stockwerke hoch, markante Betonfassade und verspiegelte Scheiben. Gefällige Architektur sieht anders aus.

     Selbstbewusste, eigenständige Architekturen

    „Heute fordern wir eigentlich immer, dass Architektur ein bisschen mehr Ausdruck haben soll“, meint Robinson Michel, „und viele Architektur, die heute entsteht, bezeichnen wir als gesichtslos. Ich glaube das kann man der Architektur im 20. Jahrhundert in keinem Jahrzehnt vorwerfen. Das sind sehr selbstbewusste und sehr eigenständige Architekturen.“ Ein mächtiges Dach-Gebirge aus gewalztem Blei krönt ein katholisches Bildungszentrum. Ein postmodernes Bankgebäude greift Elemente der italienischen Palazzo-Architektur auf. Die gezeigten Gebäude spielen mit den unterschiedlichsten Stilen und präsentieren ein neues Selbstverständnis. Einige Beiträge stammen vom 83-jährigen Architekten und Stadtplaner Rainer Metzendorf. Vor drei Jahren hat er ein Buch über die Mainzer Nachkriegsarchitektur herausgegeben, bei dem ihn die Betonisten unterstützt haben. Jetzt sind sie selbst für alles verantwortlich, auch für die Auswahl der Gebäude: „Tatsächlich sind wir einfach viel in der Stadt unterwegs gewesen“, erklärt Michel. „Und so hat einfach jeder ein paar Objekte mitgebracht, ergänzt durch Google Maps-Überflüge und natürlich auch nochmal einen Austausch mit Herrn Metzendorf. 49 sind es dann am Ende geworden.“

    Die Betonisten bei der Landesschau Rheinland-Pfalz (2023)

     

    Historische Fotos laden zur Zeitreise ein

    Es ist eine spannende Zeitreise, zu der uns vor allem die historischen Fotos einladen. Man erfährt Vieles über die Entstehung der einzelnen Gebäude. Erstaunlich, welche Bedenken und Diskussionen es manchmal im Vorfeld gab. Vor dem Bau der Zwillingshochhäuser am Hauptbahnhof ließ man etwa Ballons aufsteigen, um eine konkrete Vorstellung von der Höhe der Gebäude zu bekommen. Schön oder hässlich? Gelungen oder nicht? Auf eine Bewertung der Architektur verzichten die Betonisten ganz bewusst: „Achitektur hat so viele Dimensionen, in denen es qualitätvoll gut sein kann. Es kann städtebaulich sehr gute Architektur geben, es kann sehr gute Raumsituationen geben und tolle Lichtspiele, ohne dass mir der Stein oder die Form des Portals besonders gefallen muss.“ Auf rund 100 Seiten schärft der Bildband den Blick für die Architektur der 1970er-, 1980er- und 19990er-Jahre in Mainz. Für regelrechte Aha-Momente sorgen einige Bilder aus der Vogelperspektive – sie machen so manche Entwurfsidee erst richtig begreifbar. Das Ziel der Betonisten ist die Architekturvermittlung. Mit diesem Buch sind sie wieder einen ganzen Schritt vorangekommen.
    12 November 2024, 11:30 am
  • 3 minutes 28 seconds
    Monster, Blüten, Fratzen – die fabelhaften Holzschnitte der Gebrüder Tobias in der Kunsthalle Tübingen

    Holzschnitt kann cool sein

    Beim Stichwort „Zeitgenössische Kunst“ denkt man wohl kaum an Holzschnitt. Und wenn dieses als altbacken belächelte Verfahren dann auch noch verwendet wird, um folkloristische Motive wie Blumen und Tiere abzuwandeln, dann läuft das ja wohl auf verzopften Biedermeier hinaus, oder? Von wegen! Die Grafik-Künstler Gert und Uwe Tobias zeigen ebenso cool wie klug, was Holzschnitt heute sein kann. Ob das hip ist, ob das zeitgemäß ist, ob es gerade aktuell ist, die Frage habe ich mir nicht gestellt, sondern: interessiert es mich oder interessiert es mich nicht? Mich hat es interessiert, die Formfindung, das Naive, das Handwerkliche.

    Quelle: Uwe Tobias

    Riesige Formate in der Ausstellung 

    Uwe Tobias hat zusammen mit seinem Zwillingsbruder Gert den Holzschnitt in die Gegenwart katapultiert. Ihre Augen weidende Ausstellung in der Kunsthalle Tübingen macht erfahrbar, wie den beiden das gelingt. Nämlich vor allem über riesige Formate weit jenseits der traditionellen, die ja immer durch die bescheidenen Maße einer hölzernen Druckplatte beschränkt waren.  „Es entsteht eine eigene Welt, und die ist geboren aus dem Holzschnitt, und das finde ich sehr faszinierend.“, schwärmt Nicole Fritz, die Leiterin der Tübinger Kunsthalle. Ihr komplettes Haus bespielen die Gebrüder Tobias jetzt mit souveräner Leichtigkeit, Humor und Formgefühl, von der Cafeteria bis in den hintersten Winkel der verschachtelten Architektur. Glubschäugige Monster wie von Hieronymus Bosch treffen auf abstrakte Farbflächen, Andeutungen barocker Stillleben kollidieren mit typografischen Experimenten. Daneben stehen dämonische Köpfe aus Keramik, auf vasenartige Sockel aufgepfropft.

    Ein Gesamtkunstwerk

    Die Inszenierung ist ein Gesamtkunstwerk, fein austariert zwischen Kontrasten und gegenseitigen Bezügen, schildert Uwe Tobias. So drängt sich die Frage auf, wie die Zwillinge, die seit über zwanzig Jahren als Künstler-Duo auftreten, ihre beiden kreativen Egos eigentlich unter einen Hut bekommen. Gert Tobias zögert nicht mit klarer Auskunft: „Wir sind nicht die Symbiose. Irgendwann, wenn der Streit überhand nimmt, kommt man spätestens dann auf eine Strukturierung und so passierte das dann letzten Endes auch in der Vergangenheit. Es wurde zu viel Streit, und dann haben wir uns Regeln auferlegt.“

    Einmischen nur wenn es erlaubt ist!

    Und deren wichtigste lautet, dass jeder bestimmt, wann er dem anderen erlaubt, sich einzumischen. Seitdem das gilt, ist der enge Austausch der Brüder, die auch schon das Kunst-Studium gemeinsam bestritten haben, eine Art Kompressor, der den Druck im schöpferischen Prozess steigert, sagt Gert Tobias. „Das ist wie so ein Antrieb, zusätzlich noch zu dem Rest, dieses nach vorne Preschen und Machen und Tun, sich Sachen überlegen und zu gucken, wie geht es weiter, den Schneeball immer größer werden lassen und wieder zurückgehen, also immer so eine fließende Bewegung. Das ist ein Resultat der Zusammenarbeit, die noch ganz andere Dynamik hat, als wenn man es alleine machen würde und das einzuarbeiten in die Bildwelt, das kann auch ruhig mal Spaß machen zwischendurch.“ 
    12 November 2024, 5:00 am
  • 4 minutes 52 seconds
    „Writers Room“ an der Kaserne Basel – Theater für gesellschaftlichen Zusammenhalt
    Das Stück soll als Modell für Zusammenarbeit auf mehreren gesellschaftlichen Ebenen dienen, sagt Regisseur Sebastian Nübling. Davon könnten seiner Meinung nach Impulse in die Gesellschaft ausgehen. Die Stufen, die die jungen Autoren auf der Bühne durchlaufen, entsprächen demokratischen Prozessen: „Wir stimmen ab, wir müssen uns der Mehrheit beugen, wo bricht das plötzlich wieder auf als Konflikt?“, so Nübling.
    12 November 2024, 5:00 am
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