Radikale Reformation

Jens Stangenberg

500 Jahre Reformation. Ein guter Anlass, um sich die Ereignisse, Themen und Personen aus der Reformationszeit in Erinnerung zu rufen. Insbesondere der sogenannte “Linke Flügel der Reformation” oder die “Radikale Reformation” ist von besonderem Interesse. Schon damals wurde intensiv reflektiert, warum vorwiegend die Lehre erneuert wurde, aber diese Erkenntnisse so wenig Auswirkungen auf die soziale Gestalt von “Kirche” und die Formung der Gesellschaft hatten. Ist die Reformation “steckengeblieben”? Aus dem Studium der historischen Kontroversen ergeben sich eine Fülle von Anregungen, die für die heutige Gestalt von christlichen Gemeinschaften in einer säkular-multireligiösen Gesellschaft von Bedeutung sind.

  • 37 minutes 57 seconds
    #43 Kirche als Rhizom: Radikal und relevant - 500 Jahre Täuferbewegung | Eröffnungsvortrag auf der Tagung "Das Täufertum und die Freikirchen"

    Dieser Vortrag wurde am 7.5.2022 als Eröffnung auf der Tagung „Das Täufertum und die Freikirchen – Das täuferische Erbe und seine Bedeutung für die Gegenwart“ in Elstal gehalten. Für weitere Überlegungen siehe: https://zukunftspilgern.de/ – „Dialogisch denken und nach vorne glauben“ – Ein geschützter Erkundungsraum für christliche Spiritualität und Kirche von Morgen. Im Sinne eines Dialogischen Schreibdenkens dürfen dort zu den ausgeführten Gedanken gerne weitere Anmerkungen in die Kommentare geschrieben werden.

    Einleitung
    Zeitliche Einordnung: Die frühen Täuferbewegungen

    1. Das Andere denken lernen
      1. Sich konstruktiv verweigern
      2. Für das Gewaltpotential der Ganzheit sensibilisieren
      3. Das Dialogische einüben

    2. Offene Innenräume kultivieren
      1. Sich von innen her verbinden
      2. Schutzräume des Neuen initiieren
      3. Gottes Traum Gestalt werden lassen

    3. Rhizomatische Strukturen ausbilden
      1. Sich basisorientiert vernetzen
      2. Vertikale Ordnungen relativieren
      3. Dezentrierte Ausbreitung ermöglichen

    Fazit

    Als zukunftsweisend empfinde ich:

    1. Wir brauchen mehr christliche Gemeinschaften, die sich von einer Eins-Logik verabschieden. Das beinhaltet: Sie halten das Andere aus – auch in ihrer Mitte. Sie vertreten die Gute Nachricht nicht fundamentalistisch übergriffig, sondern dialogisch und kontextuell. All das ist hochgradig anschlussfähig ist einer postmodernen Kultur.

    2. Wir brauchen mehr christliche Gemeinschaften, die sich von jeglicher Art eines machtpolitischen Kirchenmodells distanzieren. Gemeinschaften, die eine wechselseitige Unterordnung strukturell realisieren möchten. Offene und gleichzeitig geschützte Innenräume, knollenartig und vernetzt, bestmöglich hierarchiefrei und unabhängig von Gebäuden.

    3. Wir brauchen mehr christliche Gemeinschaften, die wieder neu die Bedeutung der Wir-Gestalt des Glaubens verstehen lernen. Bündnisstrukturen, die auf freiwilligen Selbstverpflichtungen beruhen und nicht mit immer neuen Events ein konsumorientiertes Einzelchristentum heranzüchten.

    4. Wir brauchen mehr christliche Gemeinschaften, die erkennbar lebensfördernd und friedensstiftend wirksam sind. Gemeinschaften, die sich nicht nur als religiöses Biotop verstehen, sondern als ein himmlisch-humanes Ausbildungszentrum inmitten der großen Shalom-Geschichte Gottes.

    16 May 2022, 7:07 am
  • 1 minute 56 seconds
    #42 Das Buch zum Podcast

    Es gab eine Reihe von Nachfragen, ob es den Hörtext nicht auch als Buch geben könnte. Jetzt ist es so weit. In der Verschriftlichung findest du darüber hinaus Quellenverweise und ein ausführliches Literaturverzeichnis. Bestellbar bei Books on Demand: https://www.bod.de/buchshop/radikale-reformation-jens-stangenberg-9783744885355

    29 September 2018, 11:00 pm
  • 41 minutes 24 seconds
    #41 Schwärmender Christus

    Jede Gruppenbildung hat es mit mindestens vier Problemzonen zu tun: Identität und Abgrenzung, Regeln und Moralisierung, Rangordnung und Machtmissbrauch, Bewegungsrichtung und Entscheidungsgewalt. Welche Art von Bildern ist nützlich, um die Gestalt von Kirche zu visualisieren? Was wird bereits im Neuen Testament angedeutet? Wie ist es möglich, Fallgruben der Kirchengeschichte zu vermeiden? Und was können wir von „Schwarmformationen“ lernen?

    28 October 2017, 11:00 pm
  • 18 minutes 23 seconds
    #40 Persönliches Fazit

    Die Beschäftigung mit Personen und Themen der Radikalen Reformation hat mich verändert. Zuerst begeistert über alternative Denkansätze, dann genervt über dunkle Seiten der Kirche. Viel Gutes wurde schon früher gedacht, kam aber nicht zum Zuge. Das ist frustrierend. Und doch gibt es Anknüpfungspunkte, Gedanken von damals ins Heute zu übertragen. Es ist wichtig, sich mit den nonkonformistischen Strömungen verbunden zu fühlen und sich für eine Gestalt von Kirche orientiert an Jesus von Nazareth einzusetzen.

    21 October 2017, 11:00 pm
  • 18 minutes 3 seconds
    #39 Gemeindezucht und Bannpraxis

    Der Begriff „Gemeindezucht“ hat einen rigorosen Klang. Leider ist die ursprüngliche Bannpraxis durch vielfachen Missbrauch in Verruf geraten. Grundlage ist ein Bibeltext aus dem Matthäus-Evangelium, Kapital 18. Dabei geht es um ein dreistufiges Verfahren, Konflikte, die innerhalb einer Gemeinschaft auftreten, zu klären. Es ist das Einüben in Beziehungssensibilität und in eine gemeinsame Beurteilung von strittigen Fragen. Idealerweise geht es nicht darum, andere zu Recht zu weisen, sondern als ganze Gemeinschaft anhand der Bibel zu lernen.

    14 October 2017, 11:00 pm
  • 17 minutes 35 seconds
    #38 Krieg und Friedensethik

    Die meisten der reformatorischen Täufer haben den Gebrauch des Schwertes grundsätzlich abgelehnt. Sie waren nicht gegen weltliche Obrigkeit, wollten sich aber nicht an einer derartigen „Regierung nach dem Fleisch“ beteiligen. Solche pazifistischen Positionen waren noch bis ins 20. Jahrhundert strafbar. Wenn wir versuchen, die gesamte Kirchengeschichte zu überblicken, dann begegnen uns vier Grundpositionen zum Krieg: (1) Kreuzzüge und Präventivkriege, (2) der gerechte Krieg, (3) christlicher Pazifismus und (4) gewaltfreier Widerstand. In heutiger Zeit geht es auf ökumenischer Ebene nicht mehr um die Kriterien für einen gerechten Krieg, sondern um den Einsatz für einen gerechten Frieden.

    7 October 2017, 11:00 pm
  • 17 minutes 41 seconds
    #37 Obrigkeit und Widerstand

    Ausgehend von Römer 13, 1 „Jedermann sei untertan der Obrigkeit“ wurde in der Reformationszeit der Widerstand der Untertanen überwiegend als Rebellion gegen Gott gedeutet. Wenn man aber den Vers 4 als Korrektiv dazu nimmt, in dem darauf verwiesen wird, dass die Obrigkeit „Gottes Dienerin“ ist, lässt sich daraus ein Widerstandsrecht ableiten. Sobald sich also eine Obrigkeit nicht dem Willen Gottes gemäß verhielt, durfte sie kritisiert oder sogar abgesetzt werden. Die Verlängerungen der unterschiedlichen Betonungen lassen sich bis in das 20. Jahrhundert hinein verfolgen.

    30 September 2017, 11:00 pm
  • 17 minutes 27 seconds
    #36 Orientiert an Jesus

    Die Täufer suchten danach, ein Jesus gemäßes Leben zu führen. Wie aber kann man das umsetzen, ohne naiv über alle Kulturgrenzen hinweg Jesus direkt kopieren zu wollen? Aufgrund der biblischen Berichte und der historischen Forschung lässt sich untersuchen, auf welche Weise sich Jesus gegenüber Sadduzäern, Zeloten, Essenern und Pharisäern verhalten hat. Daraus lassen sich stimmige Ableitungen für heute treffen, ohne in eine zwanghafte Bibel-Wörtlichkeit zu verfallen.

    23 September 2017, 11:00 pm
  • 29 minutes 39 seconds
    #35 Streit um die Taufe

    Bis heute ist der reformatorische Konflikt um „Säuglingstaufe“ und „Glaubenstaufe“ nicht abschließend gelöst. Zur damaligen Zeit war es ein Ausdruck von zivilem Ungehorsam, seine Kinder nicht taufen zu lassen. Heutzutage lässt sich an der Tauffrage studieren, wie das evangelische Prinzip „sola sriptura – Allein die Schrift“ sehr unterschiedlich angewendet wird, um kirchliche Traditionen zu legitimieren oder zu korrigieren. Diese Episode hat Überlänge, weil zusätzlich zum historischen Material auch die Begründungslinien bis in die Gegenwart hinein skizziert werden.

    16 September 2017, 11:00 pm
  • 18 minutes 49 seconds
    #34 Vieldeutige Bibel

    Mit dem Prinzip „sola scriptura – Allein die Schrift“ wandte sich Martin Luther gegen die Lehrautorität der katholischen Tradition und die des Papstes. Als aber alle in der deutschen Bibel nachlesen konnten, was dort steht, führte dieses nur kurzfristig zu mehr Einheit. Bereits zur Zeit der Reformation wurde deutlich, dass je nach Zuordnung sowohl von „Geist“ und „Buchstabe“ als auch Altem und Neuem Testament unterschiedliche theologische Ansichten vertreten wurden.

    9 September 2017, 11:00 pm
  • 18 minutes 40 seconds
    #33 Allgemeines Priestertum

    Die Leitidee des „Allgemeinen Priestertums“ führte in wenigen Jahren zu einem gravierenden Umbruch in der mittelalterlichen Ständegesellschaft. Weil jeder Gläubige durch Christus unmittelbar zu Gott war, brauchte es von nun an keine vermittelnden Priester mehr. Die vertikale Abbildung einer kosmischen Ordnung verwandelte sich in eine horizontale Gleichheit aller. Allerdings wurde diese Entwicklungsrichtung bis heute noch nicht konsequent zu Ende gedacht.

    2 September 2017, 11:00 pm
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